Gemeinsame Verteidigungspolitik soll in die EU-Verfassung
Thomas Gack
Kanzler will westlich orientierte Kräfte in Ankara unterstützen / Forderungen der USA nachgegeben
Brüssel wird den US-Wunsch nach einer Nato-Eingreiftruppe erfüllen – entscheidende Details sind aber offen
USA bitten auch Deutschland um militärische Unterstützung / Allianz beschließt in Prag zweite Ost-Erweiterung
Niemand weiß, was der Vorschlag von Schröder und Chirac die Europäische Union kostet – aber alle sind zufrieden
Schröder und Chirac wollen Europas Agraretat begrenzen – nun müssen sie die anderen EU-Länder überzeugen
Beschluss ist aber nicht bindend für die Regierungen
Während Russlands Präsident Putin bei seinem Deutschland-Besuch den Schulterschluss mit dem Kanzler demonstrierte, richtete das Europaparlament den Blick auf die dramatische Menschenrechtssituation in Tschetschenien. "Europa sieht dem Völkermord stillschweigend zu", empörte sich der belgische Europa-Abgeordnete Olivier Dupuis im EU-Parlament.
Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben auf dem Weg zur Modernisierung der europäischen Wirtschaft das Tempo verringert. Die Widerstände in einigen Mitgliedsländern gegen eine entschlossene Liberalisierung lassen offenbar nur kleine Schritte in Teilbereichen zu - dies wurde während des EU-Gipfels in Barcelona deutlich.
Auf den ersten Blick hat das erklärte Thema des EU-Gipfeltreffens von Barcelona - die Modernisierung der europäischen Wirtschaft - nichts zu tun mit der Entwicklung, die den Europäischen Rat zu überschatten droht: die Verschlechterung der transatlantischen Beziehungen durch ein ganzes Bündel von Handelskonflikten, der Riss in der Anti-Terror-Koalition, der Unmut der Europäer über die Alleingänge der USA. Sechs Monate nach dem Attentat auf die Zwillingstürme von New York zeigt sich immer mehr, dass der von George Bush erklärte "Krieg gegen den Terror" die Verbündeten diesseits und jenseits des Atlantiks bei weitem nicht so fest zusammenschweißt wie es einst der Kalte Krieg getan hat.
Der Flug war gebucht, bezahlt und von der Fluggesellschaft bestätigt. Doch beim Einchecken hieß es plötzlich: "Sorry, wir sind überbucht.
Die Schonfrist von knapp zwei Jahren ist das Äußerste, was EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti Ostdeutschland zugestehen wollte. Schließlich haben die 15 EU-Regierungschefs selbst - und unter ihnen natürlich Gerhard Schröder - ausdrücklich eine Senkung der Subventionen auf dem EU-Binnenmarkt gefordert.
Spät in der Nacht drohte der Eklat: Vier Finanzminister der EU waren in der Nacht zum Dienstag bei der Sitzung der Euro-Gruppe fest entschlossen, Geist und Buchstaben des Euro-Stabilitätspakts Genüge zu tun und Deutschland wie Portugal mit einem blauen Brief wegen zu hoher Staatsschulden formell abzumahnen. Für Österreich, Finnland, Belgien und die Niederlande bestand kein Zweifel daran, dass zum ersten mal in der Geschichte der Währungsunion eine so genannte "Frühwarnung" fällig war: An Deutschland und an Portugal.
Deutschland wird von der Europäischen Union wegen der schlechten Haushaltslage nicht abgemahnt. Die Bundesregierung sicherte jedoch mit einer schriftlichen Selbstverpflichtung den EU-Partnern zu, dass sie alles tun werde, um künftig die Neuverschuldung im Zaum zu halten und im Jahr 2004 sogar einen "nahezu ausgeglichenen Haushalt" vorzulegen.
Die Terroranschläge vom 11. September haben auch im Europäischen Parlament die Prioritäten verschoben.
Eine Krisensitzung jagte die andere. "Es brodelt und dampft wie in der Hölle", umschreibt ein Abgeordneter die Stimmung bei den europäischen Sozialdemokraten, die diese Woche in Straßburg in streng abgeschotteten Fraktionssitzungen die Scherben ihrer gescheiterten Politik zusammenkehrten.
Eine Krisensitzung jagte die andere. Hinter den verschlossenen Türen ging es heiß her.
Die Grünen gaben den Ausschlag: Beim Kopf-an-Kopf-Rennen um den Präsidentenstuhl im Europäischen Parlament hatte am Ende, nach drei Wahlgängen, der irische Liberale Pat Cox die Nase vorn. Offenbar war es einer Mehrheit der europäischen Grünen weit sympathischer, einem Mann aus einem kleinen Land und einer kleinen Partei die Stimme zu geben als dem britischen Sozialisten David Martin.
Die Grünen gaben den Ausschlag: Beim Kopf-an-Kopf-Rennen um den Präsidentenstuhl im Europäischen Parlament hatte am Ende, nach drei Wahlgängen, der irische Liberale Pat Cox die Nase vorn. Offenbar war es einer Mehrheit der europäischen Grünen weit sympathischer, einem Mann aus einem kleinen Land und einer kleinen Partei die Stimme zu geben als dem britischen Sozialisten David Martin.
Der Sprecher der EU-Kommission übte sich in der hohen Kunst der Diplomatensprache: "Europa braucht Italien, und Italien braucht Europa", antwortete er staatsmännisch abgeklärt - und fast erwartungsgemäß nichtssagend - auf die Frage, ob der Rücktritt des europafreundlichen italienischen Außenministers Renato Ruggiero denn nicht das Zusammenleben der 15 Mitglieder der Union belaste."Niemand zweifelt daran, dass das europäische Engagement Italiens ungebrochen ist", meinte er am Montag mit unbewegter Miene.
Die Nato hat zwar prompt reagiert. Als Antwort auf die tödlichen Anschläge in den USA hat sie im ersten Schock den Bündnisfall erklärt.
Der Mann mit dem graumelierten Vollbart unter der Intellektuellenbrille zog seine Schultern noch mehr nach vorne, wirkte noch gebeugter als sonst: Resigniert gab er in nuscheldem, spanisch gefärbtem Englisch vor laufenden Kameras und Mikrofonen seiner tiefen Enttäuschung Ausdruck. Denn kaum hatte Javier Solana, der Repräsentant der EU-Außenpolitik, diese Woche nach Gesprächen mit der israelischen Regierung und mit Jassir Arafat das Flugzeug bestiegen, das ihn aus dem Nahen Osten wieder nach Europa bringen sollte, explodierten in Israel schon wieder die Bomben der Selbstmordattentäter und in den Palästinensergebieten schlugen die Raketen der israelischen Kampfhubschrauber ein.
Eines ist sicher: die Ökosteuer. Sie bleibt, denn sie sichert die gesetzliche Rente mittlerweile mit beträchtlichen Summen.
Was kann Günter Verheugen auch anderes tun, als demonstrativ Optimismus zu verbreiten, wenn Kameras und Mikrofone auf ihn gerichtet sind? Mit demonstrativem Optimismus legte der deutsche EU-Kommissar am Dienstag den jährlichen Fortschrittsbericht zur EU-Erweiterung vor: Nach Verheugens Worten bereite sich die EU-Kommission darauf vor, noch im Jahr 2004 auf einen Schlag zehn neue Mitgliedsländer aufzunehmen.