Ein im Januar 1993 verfasster interner Bericht des früheren CDU-Finanzberaters Horst Weyrauch, der dem Tagesspiegel vorliegt, steht im Widerspruch zu Aussagen des Chefs der hessischen Staatskanzlei, Franz-Josef Jung (CDU), vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags. 1992 war eine Millionenunterschlagung zu Lasten der hessischen CDU vertuscht worden, offenbar um das geheime System von Schwarz- und Auslandskonten nicht preisgeben zu müssen.
Christoph Schmidt Lunau
Der Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags zur Aufklärung der CDU-Finanzaffäre hat am Freitag beschlossen, beim Amtsgericht Wiesbaden die Beschlagnahme von rund 200 000 Blatt Dokumenten zu beantragen. Sie sind im Rahmen des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren gegen führende Politiker und Mitarbeiter der hessischen CDU angefallen.
"Er hat das Parlament und die Öffentlichkeit getäuscht, er hat einen Rechenschaftsbericht gefälscht, sein engster Parteimitarbeiter, sein ehemaliger Generalsekretär, hat noch im Januar Schwarzgeld als angebliche Kleinspenden verbucht, wie soll er diese Liste der Verfehlungen noch toppen?" - Auch der Obmann der Grünen im Wiesbadener Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Finanzaffäre der hessischen Union, Rupert von Plottnitz, stellt sich ein halbes Jahr nach Beginn der Affäre auf eine volle Legislaturperiode unter Ministerpräsident Roland Koch ein.
Bundeskanzler Gerhard Schröder muss vorerst nicht als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss zur CDU-Spendenaffäre erscheinen. SPD und Grüne lehnten am Donnerstag in Berlin mit ihrer Stimmenmehrheit Anträge der CDU/CSU-Fraktion ab, das Finanzgebaren der SPD ebenfalls im Ausschuss zu untersuchen.
Heute geben sich vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages zwei Zeugen die Klinke in die Hand, die nicht unbedingt gute Erinnerungen aneinander haben dürften: Der Chef der hessischen Staatskanzlei, Franz Josef Jung, und der ehemalige hessische CDU-Mitarbeiter Franz Josef Reischmann. Jung war 1992 daran beteiligt, Reischmann ohne öffentliches Aufsehen aus der Parteizentrale zu entfernen.
"Roland Koch wird sich ins Fäustchen lachen. Statt Opposition zu machen, nehmen einige von uns Kurs auf ein Insolvenzverfahren.
Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) und seine Stellvertreterin Ruth Wagner (FDP) wollten am Montag bei einer ersten Jahresbilanz im blattgoldgeschmückten Musiksaal des Wiesbadener Stadtschlosses ihren Alltag vergessen machen; eine Stunde lang lobten sie sich gegenseitig für die gute und erfolgreiche Regierungsarbeit. Koch und Wagner verbindet längst mehr als ein Koalitionsvertrag.
Hessens CDU ist nicht nur eine "verschworene Kampfgemeinschaft", wie Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth jüngst feststellte. Man gibt sich auch hilfreiche Tipps in privaten Angelegenheiten.
Mehr als ein Drittel der Delegierten des für Freitag einberufenen Sonderparteitags der hessischen FDP haben inzwischen einen Antrag gegen die Linie von Landesvorstand und Landtagsfraktion unterschrieben: für die Fortsetzung der Regierungskoalition mit der CDU und gegen Roland Koch als Regierungschef. Das teilten Sprecher der parteiinternen Opposition am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Frankfurt mit.
Strafsanktionen für Verstöße gegen das Parteiengesetz und umfangreiche Satzungsänderungen für die Union hat der hessische CDU-Landesvorsitzende, Ministerpräsident Roland Koch, als Konsequenz aus dem Finanzskandal der CDU gefordert. Nach Auffassung der hessischen Oppositionsparteien hätte sich Koch selbst strafbar gemacht, wären die von ihm vorgeschlagenen Gesetzesänderungen bereits in Kraft.
Das bringt sie in Rage. Richtig wütend kann Ruth Wagner werden, wenn ihr einer unterstellt, sie klebe an ihrem Posten und an der Macht.
Eine kleine Lüge hat Roland Koch eingestanden: Als er am 10. Januar von spendensammelnden Sternsingern besucht wurde, nutzten Journalisten den Fototermin, um ihn zu Ungereimtheiten in den CDU-Finanzen zu befragen.
Am Samstag, um genau fünf Minuten vor zwölf, nahm der Landesparteitag der hessischen CDU in Wiesbaden seine wichtigste Entscheidung vorweg. Eineinhalb Stunden lang hatte Roland Koch zu den fast 400 Delegierten gesprochen, über seine Aufklärungsarbeit und über seine Fehler.
Breite Zustimmung zu Friedrich Merz als Fraktionschef, Vielstimmigkeit in der Frage, wer Parteivorsitzender werden soll - so lassen sich die Reaktionen auf eine Tagesspiegel-Umfrage in den CDU-Landesverbänden auf Wolfgang Schäubles Doppel-Rücktritt zusammenfassen. In der baden-württembergischen CDU, dem Heimatverband von Schäuble, ist man uneins in der Frage des Parteivorsitzes: Während Ministerpräsident Erwin Teufel seinem thüringischen Amtskollegen Bernhard Vogel zuneigt, fordert der Stuttgarter Fraktionschef Günther Oettinger eine Verjüngung: "Wenn die Bundestagsfraktion mutig genug ist, Friedrich Merz und nicht Rudolf Seiters an die Spitze zu wählen, muss die Partei den gleichen Mut zeigen.
"Eine Ente" nennt der CDU-Fraktionsvorsitzende Norbert Kartmann die Zeitungsmeldung, Roland Koch werde noch in dieser Woche zurücktreten. Der Ministerpräsident habe, auf seine angebliche Amtsmüdigkeit angesprochen, laut gelacht, berichtet Parteisprecher Christian Schnee.
"Von Alaska bis Zimbabwe" seien Roland Koch und die Finanzaffäre seiner Partei in aller Munde, nur im hessischen Landtag suchten die Regierungsparteien im politischen Bunker Schutz - mit diesen Worten beklagte sich Frank Kaufmann, der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, darüber, dass CDU und FDP am Dienstag mit ihrer Mehrheit eine Debatte über den Finanzskandal der hessischen Union verhinderten. Die Erwiderung seines Gegenspielers von der Union, Stefan Grüttner, ging im Gelächter der Opposition unter: Tatsächlich sei Roland Koch von Zimbabwe bis Alaska im Gespräch, wegen seiner guten Sachpolitik.
Einer der sechs FDP-Abgeordneten, die in dieser Woche in den Plenarsitzungen des hessischen Landtags den Kurs ihrer Partei an der Seite von Roland Koch vertreten müssen, wettert am frühen Montagmorgen noch gegen "die in Berlin", weil sie immer noch keine Ruhe gäben. Die Erwartung der Spitze von Landtagsfraktion und Landesvorstand, die Bundes-FDP werde die Entscheidung von Lich hinnehmen, ist nicht aufgegangen.
Roland Kochs PR-Berater hatten vorgebaut: Die "schmerzliche Aufklärung der schlimmen Vorgänge in der Vergangenheit ist nach wochenlanger harter Arbeit weitgehend abgeschlossen." Und so lud die hessische Union zur Pressekonferenz mit dem Landesvorsitzenden und Ministerpräsidenten Roland Koch, dem Generalsekretär Herbert Müller und dem Frankfurter Kreisvorsitzenden, Staatssekretär Udo Corts.
Politik: Die Grünen vermuten Schweigegeldzahlungen an ehemaligen Finanzbuchhalter der hessischen CDU
"Ich habe stets im Auftrag gehandelt. Die hessische CDU kann an Hand ihrer Unterlagen alles erklären.
Im hessischen CDU-Landesverband von Ministerpräsident Roland Koch, dem selbst ernannten "brutalstmöglichen" Aufklärer in der Spendenaffäre, gibt es nahe Wetzlar Widerstand gegen die Führung. Den wackeren CDU-Oberen von Lahnau handelt Koch zu lasch.
Die rheinland-pfälzische CDU hat aus den schwarzen Kassen Helmut Kohls insgesamt 146 000 Mark zur Finanzierung des Landtagswahlkampfes 1996 erhalten. Dies teilte der Landesvorsitzende Christoph Böhr als Ergebnis des Berichts der unabhängigen Wirtschaftsprüfer für die Bundespartei für die Zeit zwischen 1993 und 1998 mit.
Am Mittwoch hat der Landesvorsitzende der hessischen CDU, Ministerpräsident Roland Koch, eingeräumt, dass neben Manfred Kanther und den Finanzmanagern Weyrauch und Prinz Wittgenstein noch andere Personen in der Geschäftsstelle der CDU über "partielles Wissen" vom Schwarzgeldkonto in der Schweiz verfügt haben müssen.Über zumindest einen dieser Mitarbeiter ist am Donnerstag in Wiesbaden mehr zu erfahren.
Roland Koch, Ministerpräsident und Landesvorsitzender der hessischen CDU, erinnert in diesen Tagen gelegentlich an das Schicksal des Herolds in der Antike, der für eine schlechte Nachricht mit dem Leben bezahlte. Der Überbringer von schlechten Botschaften möge doch bitte nicht für die Inhalte haftbar gemacht werden.
Bislang war es eine Vermutung, jetzt wissen wir es genau. Auch bei der am Freitag eilends einberufenen Pressekonferenz mit dem Eingeständnis des ehemaligen Innenministers Kanther, schwarze Kassen im Ausland geführt zu haben, auch bei den Bekenntnissen der hessischen CDU wurde nur das zugegeben, was ohnehin herausgekommen wäre.