zum Hauptinhalt

Politik: Hessens Regierungschef hat bei der Aufklärung nicht die Wahrheit gesagt - "eine Dummheit", findet er

Roland Kochs PR-Berater hatten vorgebaut: Die "schmerzliche Aufklärung der schlimmen Vorgänge in der Vergangenheit ist nach wochenlanger harter Arbeit weitgehend abgeschlossen." Und so lud die hessische Union zur Pressekonferenz mit dem Landesvorsitzenden und Ministerpräsidenten Roland Koch, dem Generalsekretär Herbert Müller und dem Frankfurter Kreisvorsitzenden, Staatssekretär Udo Corts.

Roland Kochs PR-Berater hatten vorgebaut: Die "schmerzliche Aufklärung der schlimmen Vorgänge in der Vergangenheit ist nach wochenlanger harter Arbeit weitgehend abgeschlossen." Und so lud die hessische Union zur Pressekonferenz mit dem Landesvorsitzenden und Ministerpräsidenten Roland Koch, dem Generalsekretär Herbert Müller und dem Frankfurter Kreisvorsitzenden, Staatssekretär Udo Corts. "Mindestens drei Stunden" sollte die Pressekonferenz dauern, Journalisten im Wiesbadener Landtag witzelten, die "brutalstmögliche" Aufklärung richte sich nun auch gegen ihre Zunft. Doch das wichtigste Bekenntnis, das den Aufklärer selbst betraf, drohte im Zahlenwust unterzugehen. Roland Koch, der einstige "Kohlianer", der doch aus seiner Sicht längst zum "Aufklärer" geworden war, hat gelogen. Juristisch korrekt habe er gehandelt, aber politisch wohl falsch, "eine Dummheit", sagt er.

Ein Darlehen umgewandelt

Konkret geht es um ein Darlehen des früheren Landesschatzmeisters Prinz Wittgenstein. Roland Koch und sein Generalsekretär Herbert Müller haben anscheinend bereits am 21. Dezember 1999 über ein "im Rechenwerk der CDU Hessen bislang nicht enthaltenes Konto" Kenntnis gehabt, aus dem Rechnungen bezahlt worden waren. "In den Gesprächen zwischen dem ehemaligen Schatzmeister Prinz Wittgenstein und dem früheren Geschäftsführer Seitz sei dann der Gedanke geboren worden, die in der Amtszeit des Landesvoritzenden Koch aus diesem Anderkonto bezahlten Beträge in ein Darlehen von Prinz Wittgenstein an die hessische CDU umzuwandeln.

Prinz Wittgenstein habe daraufhin - rückdatiert unter dem Datum vom 6. Februar 1998 - einen entsprechenden Brief an Herrn Seitz geschrieben. Generalsekretär Herbert Müller, der in diesen Tagen unter extremem Zeitdruck bei der Korrektur des Rechenschaftsberichts der Partei stand, hat dies bestätigt. Koch räumt ein, Müller habe ihn darüber auch voll informiert ebenso darüber, dass das Kreditangebot "nachträglich erstellt" worden war.

Gestern nun sagte Koch zu diesem Vorgang: "Ich billigte schweren Herzens die Entscheidung." Das ist die "Dummheit", die er begangen hat. Eine sehr weitreichende "Dummheit". Denn sie besagt, der CDU-Ministerpräsident ist persönlich an der Camouflage von Schwarzgeldern beteiligt gewesen. Der Dienstag war der Tag der Beichte des Roland Koch, denn, obwohl bei ihm danach weitere Hinweise über "dubiose" Gelder angekommen seien, habe er noch am 10. Januar versichert, "neben dem offiziellen Rechnungswerk" der Union habe es "keine finanziellen Transaktionen" gegeben. Auch eine Dummheit, auch gelogen. Immerhin doch: Für diese Bemerkung entschuldigte sich Roland Koch.

Die zweite Regierungspartei in Hessen, die FDP, sieht nach den neuen Enthüllungen in der CDU-Spendenaffäre keinen Grund, die Regierungskoalition aufzugeben. Bei den Vorgängen um die Finanzen der hessischen CDU handele es sich "weder um eine Staats- oder Regierungs- noch um eine Koalitionskrise", erklärte die FDP-Landesvorsitzende Ruth Wagner am Dienstag in Wiesbaden. Die nunmehr aufgedeckten konspirativen Strukturen im Rechenwerk der CDU seien für die FDP weder erklär- noch entschuldbar. Die Ausführungen des CDU-Landesvorsitzenden Roland Koch seien jedoch nachvollziehbar und glaubhaft. Er habe damit die von den Liberalen geforderte Aufklärungsarbeit geleistet.

Es sei zudem richtig und wichtig, dass Koch frühere Aussagen in der Finanzaffäre korrigiert habe, erklärte Wagner. Koch hatte eingeräumt, von einer Rückdatierung eines Darlehens des früheren Schatzmeisters der Landespartei, Casimir Prinz zu Sayn-Wittgenstein, gewusst und diese Version auch in der Öffentlichkeit dargestellt zu haben. Er habe dies auch aufrechterhalten, als längst klar war, dass es sich um Geld aus dem System schwarzer Konten in der Schweiz handelte.

Die SPD fordert Kochs Rücktritt

Die Opposition sieht das naturgemäß ganz anders. Hessens SPD-Landtagsfraktionschef Armin Clauss forderte Koch prompt zum Rücktritt auf. Nach den Angaben von Koch, er habe in der CDU-Finanzaffäre die Unwahrheit gesagt, müsse der Regierungschef nun den Weg für Neuwahlen freimachen, sagte Clauss am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wiesbaden. Nun sei klar, dass Koch nicht nur Mitwisser, sondern auch "Mittäter" war. Er verwies darauf, dass Koch zustimmte, einen angeblichen Kredit zurückzudatieren. Koch habe dazu beigetragen, dass sich das finanzwirtschaftliche System der Hessen-CDU entwickeln konnte.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false