Bei einem Massaker in dem kurdischen Dorf Bilge sind vergangene Woche 44 Menschen getötet worden. Fast gleichzeitig wurde ein Friedensappelle von PKK-Chef Murat Karayilan bekannt. Nun debattiert die Türkei über neue Wege zur Lösung des Kurdenkonflikts
Susanne Güsten

Der Tod von 44 Menschen bei dem Massaker von Bilge hat nicht nur die türkische Öffentlichkeit tief erschüttert, sondern auch einige Fundamente der bisherigen Kurdenpolitik Ankaras ins Wanken gebracht. So wird über eine Abschaffung des Dorfschützer-Systems diskutiert.

Friedenssignale der PKK, Diskussionen über die Entwurzelung von Menschen durch den Kurdenkrieg: Wie das Blutbad in Bilge die bisherige Kurdenpolitik ändern könnte. Eine Analyse von Tagesspiegel-Korrespondentin Susanne Güsten

Die mutmaßlichen Täter von Bilge wollten offenbar spätere Blutrache ausschließen. Aus diesem Grund versuchten sie auf der Hochzeitsfeier, die gesamte Sippe auszulöschen. Niemand sollte übrig bleiben, der sich später rächen könnte.
So viele Menschen wie möglich töten, damit niemand übrig bleibt, der Rache nehmen kann – das war nach Aussagen eines Tatverdächtigen das Motiv hinter der auch für türkische Familienfehden ungewöhnlichen Brutalität bei dem Massaker in Südostanatolien.
Das Massaker von Mardin war mit mehr als 44 Todesopfern ganz besonders blutig, aber ansonsten nicht außergewöhnlich: Blutbäder bei Familienfehden oder Nachbarschaftsstreitigkeiten gehören insbesondere im Südosten des Landes zum Alltag der Türkei.

Verwitwet, verwaist, verarmt, verbittert: Zehntausende sind in der Türkei in den letzten 25 Jahren beim Kampf gegen die PKK gestorben. Doch der Staat dankt es ihren Angehörigen schlecht. Kaum sind die Toten unter der Erde, sind sie vergessen. Die Armee wird verehrt, die einfachen Soldaten gelten nichts
Dramatisches Ende einer Flucht: Der Hauptverdächtige im Alkohol-Fall von Kemer ist nach einer Schießerei festgenommen worden.
Vor gerade einmal drei Wochen sang ganz Ankara Loblieder auf Barack Obama. Dann gab dieser eine Stellungnahme zum Jahrestag der Massaker an den anatolischen Armeniern ab. Nun ist der US-Präsident für viele Politiker und Medien ein Buhmann.
Wie die EU den Frieden in der Türkei bedroht: Kalte EU-Richtlinien auf ein bisher reibungslos funktionierendes Zusammenleben von Christen und Moslems angewendet, führen zu Spannungen.
Obama ist mit seinem Europabesuch zufrieden. Auch in der Türkei ist er zum Abschluss gut angekommen.
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Methanol ist ein giftiges Beiprodukt bei der Herstellung von Ethanol, der allgemein erwünschten Form von Alkohol. Ebenso wie Ethanol entsteht Methanol bei der Vergärung, etwa von Beeren.
Der US-Präsident wird im Parlament bejubelt / Künftiger Nato-Chef Rasmussen enttäuscht in Istanbul

Als Barack Obama am Nachmittag um kurz nach drei Uhr das Parlamentsplenum von Ankara betrat, da wurde er von den Abgeordneten höflich begrüßt. Als er kurz vor vier wieder ging, wurde er gefeiert.
Die zwei Schüler, die nach einem Trinkgelage auf einer Klassenreise in die Türkei ins Koma fielen, werden zurück nach Deutschland gebracht. Ein Mitschüler war an dem Alkohol verstorben. Auch die türkische Seite geht jetzt davon aus, das dieser Methanol enthielt.
Er will Recep Tayyip Erdogan im Amt des türkischen Ministerpräsidenten beerben: Kemal Kilicdaroglo, der auf den ersten Blick wie ein grauer Finanzbeamter wirkt, hofft, bei den anstehenden Kommunalwahlen die Wähler auf seine Seite ziehen zu können.
Der mutmaßliche Mörder der kleinen Kardelen hat sich in der Türkei der Polizei gestellt und soll nicht an Deutschland ausgeliefert werden, obwohl sich die Tat hier ereignet hat. Wie ist das möglich?
Wehende Fahnen im Nachtwind, Jubelrufe und Sprechchöre: Als der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan am frühen Freitagmorgen aus Davos kommend auf dem Atatürk-Flughafen in Istanbul eintraf, erwartete ihn ein Heldenempfang. Als „Eroberer von Davos“ wurde Erdogan von mehreren tausend Menschen gefeiert, weil er beim Weltwirtschaftsforum in Davos wutentbrannt eine Podiumsdiskussion mit dem israelischen Präsidenten Schimon Peres abgebrochen hatte.
Sie sind 20 Jahre alt oder 22 oder 25. Sie gehen nach Istanbul, um Geld zu verdienen, 300 Euro im Monat. Mit Sandstrahlern bearbeiten sie Jeans, damit die das schicke aufgehellte, abgewetzte Design bekommen. Was sie nicht wissen: Die Arbeit bringt sie um. Sie zerstört die Lungen
Internationale Beobachter in den Gazastreifen - nur wer? Die Türkei gehört zu den wenigen Ländern der Nahostregion, die sowohl gute Beziehungen zu Israel als auch enge Kontakte zu den Palästinensern haben. Hinzu kommt: Die türkische Regierung wäre zur Entsendung von Soldaten bereit.
Türkische Intellektuelle wollen im Internet die Debatte um den Massenmord an Armeniern entfachen - über 2000 haben bereits unterschrieben, darunter auch ein deutscher Obergrüner.
Noch vor drei Jahren war Recep Tayyip Erdogan bei vielen Kurden in der Türkei ein Held. Inzwischen setzen sie in den Premier keine Hoffnung mehr
Ein Ex-Polizist sagt, er habe in den 80ern und 90ern im Kurdengebiet etwa 1000 Menschen getötet