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Ein Buch ausschließlich für digitale Endgeräte. Mit dem Serienroman "Apocalypsis" will der Bastei Lübbe Verlag das Lesen neu erfinden.

© Bastei Lübbe

Digitaler Serienroman: Einfach nur lesen reicht nicht

Mit der weltweit ersten "Webnovel" setzt der Bastei-Lübbe Verlag auf eine Mischung aus Roman, Fernsehserie und Computerspiel. Die Serie soll das Verlagsgeschäft revolutionieren

Eine Gruppe mordender Antichristen, ein deutscher Papst, der seine Verfolger eigenhändig niederboxt, am Ende die vollständige Vernichtung des Vatikans - und das alles im Prolog. Man kann nicht behaupten, es sei wenig los im Roman „Apocalypsis“. Doch inhaltliche Innovation ist es nicht, die die Geschichte zur Weltneuheit macht.: Ein uralter Orden arbeitet seit Jahrhunderten gegen die Kirche und steht nun kurz vor sein Ziel die Apokalypse zu erreichen. Einzig der erfolgreiche Journalist und Frauenschwarm Peter Adam kann sie jetzt noch aufhalten. Dazu ein bisschen Opus Dei, Symbolrätsel und schaurige Bibelzitate. Der Bastei Lübbe Verlag, in dem auch Dan Browns „Illuminati“-Reihe erschien, setzt mit „Apocalypsis“ auf das bewährte Genre des Vatikan-Thrillers. Wen das auf den ersten Blick langweilt, sei‘s drum. Die Geschichte ist Nebensache. Die Revolution steckt in der Erzählweise und hier will Bastei-Lübbe mit der weltweit ersten „Webnovel“ neue Maßstäbe setzen.

In einer eigens dazu eingerichteten Projektgruppe entwarfen die Mitarbeiter von Bastei-Lübbe „Apocalypsis“ als wöchentlich erscheinenden Serienroman. 13 Folgen umfasst die erste Staffel und wurde zunächst ausschließlich für digitale Endgeräte entwickelt: als E-Book, Audio-Datei oder multimediale App für Tablets. Im Zentrum steht zwar noch immer die von Drehbuchautor Mario Giordano entworfene Geschichte. Im Schreibprozess wurde der Schriftsteller („Das Experiment“, „Tatort“) aber ständig von Programmierern, Spielentwicklern und Filmteams begleitet. Herausgekommen ist ein multimediales Leseerlebnis. Der Leser kann jederzeit auf die Hörbuchversion umsteigen, das Geschehen wird immer wieder mit Illustrationen und eigens gedrehten Filmszenen unterlegt und auch allerlei interaktive Spielereien wurden eingebaut. Der Nutzer kann per Touchscreen Zettel aus Verstecken ziehen, Tresore bedienen oder sich via Wikipedia-Verlinkungen über bestimmte Begriffe zusätzlich informieren.

Bilder aus der weltweit ersten Webnovel

Das Konzept scheint aufzugehen. Im Hause Bastei Lübbe zeigt man sich hoch zufrieden mit den bisherigen Erfolgen. 45 000 Mal wurde die App zu „Apocalypsis“ bisher herunter geladen. Der kostenlose Prolog hatte allein in der letzten Woche 10 000 Downloads. "Das sind Traumzahlen“, meint die Online-Pressesprecherin des Verlags Tina Pfeifer. Im März ist die zweite Staffel von „Apocalypsis“ angelaufen und der Verlag will auch in Zukunft auf multimediale Serienromane setzen. "Die Weiterentwicklung und Neuschaffung digitaler Inhalte gibt uns die Möglichkeit, uns den Erwartungen und Gewohnheiten der digitalen Leserschaft genau anzupassen.“, sagt Oliver Pux, der Leiter Marktentwicklung bei Bastei Entertainment. Im Mai startet mit der Fantasy-Geschichte „Survivor“ bereits die nächste Webnovel und für Juni ist eine Erotikserie für Frauen geplant.

Liegt also die Zukunft der Belletristik irgendwo zwischen Roman, Fernsehserie und Computerspiel? Bisher bleibt Bastei Lübbe ein Vorreiter der Branche. Das mag zum einen am immensen Aufwand liegen. Eineinhalb Jahre Entwicklungszeit  und Produktionskosten im sechsstelligen Bereich stecken in dem Projekt. Ein Risiko, das sich bei weitem nicht jeder Verlag leisten kann. Zum anderen sind digitale Bücher in Deutschland  bisher noch immer ein absolutes Nischenprodukt. Nur 0,4 Prozent betrug ihr Marktanteil 2010. Ein Blick in die USA zeigt aber, in welche Richtung sich der Büchermarkt entwickeln könnte. Das Internetkaufhaus Amazon verkauft hier schon jetzt mehr E-Books als Taschenbücher. Ein möglicher Absatz, den auch die Entwickler von "Apocalypsis" bedienen wollen. Im Juni erscheint eine englischsprachige Version.

Nils Redeker

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