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Die Ausschreitungen zwischen Fans der englischen und russischen Mannschaften setzten sich nach der Begegnung im Stadion von Marseille fort. Im Fernsehen wurden die Bilder nicht gezeigt.

© dpa

EM 2016 England-Russland: Oliver Schmidt auf der Höhe des Balls

Beim Spiel England gegen Russland begann für ZDF-Kommentator Oliver Schmidt die schwierigste Aufgabe mit den Bildern von den Fan-Ausschreitungen. Die Uefa-Bildregie flüchtete sich in die Kleinkindmethode "was man nicht sieht, ist nicht da".

Frau Neumann hat nichts falsch gemacht bei Wales versus Slowakei, warum auch? Herr Schmidt hat auch nichts falsch gemacht bei England gegen Russland. Wobei Oliver Schmidt den schwereren Part hatte als die Debütantin am Kommentatoren-Mikro Claudia Neumann. Schmidt hatte ein Spiel zu begleiten, das seit drei Tagen schwer belastet war durch massive Ausschreitungen. Und wenn man die Inbrunst hörte, mit der die Hymnen in den jeweiligen Lagern vorgetragen wurden, konnte man schon glauben, dass in Marseille zum vaterländischen Krieg angepfiffen wurde. Schmidt agierte souverän – „vor dem Fußball steht der Gesang“ – nüchtern, sachlich, phrasenfrei und immer auf Höhe des Balls. Und emotional, wenn das Spiel Emotionen hervorrief. Und das tat es oft.

Aber da stand der schwierigste Teil noch vor ihm. Der wurde gestartet mit der Halbzeitpause, mit den Nachrichten, in denen Bilder voller Brutalität gezeigt wurden, mit der sich Russen und Engländer und wer noch alles im Marseiller Hafen mit augenscheinlicher Tötungsabsicht attackierten. Fußball-Kommentator Schmidt reagierte anschließend auch da souverän, verzichtete auf die bei Fan-Ausschreitungen üblichen Floskeln, dass so etwas mit Fußball nichts zu tun habe, war dennoch – wer nicht – entsetzt und lobte lediglich die Fairness, mit der sich die viel besseren Engländer und die viel schlechteren Russen auf dem Rasen begegneten.

Uefa probt Kleinkindmethode

Und dann kam die Schlussminute, der Ausgleich, und der Auftritt der Uefa-Bildregie, die offensichtlich an die Kleinkindmethode glaubt, dass nicht ist, was man nicht sieht. Die Kameras schwenkten weg, als auf den Rängen die nächste Schlacht begann. Schmidt wollte nicht schweigen, er stieg um auf die Radioreportage, berichtete, dass gerade die Hölle losbrach und faselte nicht, dass wir solche Bilder nicht sehen wollen. Wollen wir nicht, aber sie sind da. Danke, Oliver Schmidt für die Wiedergabe der Realität.

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