zum Hauptinhalt
Ab ins Fernsehen. Annegret R. (l.) mit RTL-Moderatorin Birgit Schrowange. Die jüngste Töchter (r.) ist neun.

© Hans-Joachim Pfeiffer/RTL/dpa

"Extra - Das RTL-Magazin" zu Vierfachschwangerschaft: Nichtssagende Propagandaschau für Extrem-Spätgebärende

Kurz vor dem Rentenalter noch Vierlinge erwarten - Birgit Schrowange hatte sich die werdende Mutter exklusiv ins TV-Studio geholt. Auf banale Fragen an die 65-Jährige gab es ebenso hohle Antworten.

Eine 65 Jahre alte Schwangere, die Vierlinge erwartet. Eine Handydieb, der von „Extra“-Zuschauern erkannt wird. Arbeitslose, die beim Traumjob unter Palmen abgezockt werden.

Wohlgefüllte Wundertüte oder berühmt-berüchtigte Boulevard-Bombe. „Extra – Das RTL Magazin“. Montags, 22:15 Uhr. Jede Woche zwischen 2,5 und 3,5 Millionen Zuschauer. Für die sind Birgit Schrowange und ihr Mischmasch aus „Dschungelcamp“-Vor- und Nachberichten, Tests und frivolen Sex-Thematiken das wahre Leben. Für TV-Kritiker eine grausam-effektive Kurz-Zeit-Folter.

Hauptperson des aktuellen Magazins: Annegret R. 13-fache Mutter und siebenfache Großmutter, jetzt noch schwanger mit Vierlingen. Künstliche Befruchtung. In der Ukraine. Trotzdem spricht ihr Arzt von einem biologischen Wunder.

Viele schlichte Fragen

Exklusiv hat sich die Ex-Rechtsanwaltsgehilfin, die Ex-Redaktionsassistentin, die Ex-Programmansagerin und gegenwärtige Infotainment-Moderatorin Birgit Schrowange die Grundschullehrerin und alleinerziehende Mutter vor die Kamera geholt. Und konfrontiert Frau R. und Tochter Lelia mit subtiler Interviewtechnik: „Bist du dann nicht mehr die einzige Prinzessin?“ „Sind ja auch ganz schön viele Treppen immer zu steigen hier, nee?“ „Wie ist das eigentlich? Man sagt ja immer, eine Mutter liebt alle ihre Kinder gleich. Ich halte das ja für ein Märchen. Man hat doch auch seine Lieblinge, oder?“ „Sie sind jetzt 65. Sie bekommen Vierlinge. Ich stelle mir das unheimlich schwer vor, wenn Sie dann 70 sind, und Sie haben dann Kleinkinder zu betreuen?“ „Sie sind alleinerziehend. Und ich könnte mir vorstellen, dass Ihnen da manchmal eine starke Schulter fehlt. Einfach einer, der das mitträgt. Wie sieht das bei Ihnen aus?“ „Sie haben das im Ausland machen lassen. Was meinen Sie, warum ist das in Deutschland nicht erlaubt?“.

Auf nichtssagende „Schöner Leben“-Fragen gibt’s nichtssagende Das-muss-jeder-für-sich-selbst-entscheiden-Antworten.

Bloß das Idyll nicht stören

Dann kommen noch eine Anwältin für Familienrecht, der behandelnde Arzt und die Patentante zu Wort. Es gibt Ausschnitte aus Günther Jauchs Sendung „Menschen, Bilder, Emotionen“. Annegret R. wurde dort als 55-Jährige mit der damals frisch geborenen Lelia präsentiert. Damals durfte wenigstens die älteste Tochter was zu der Nachzüglerin sagen. Aktuell ist Lelia als einziges Mitglied der Familie Interviewpartnerin. Immer zusammen mit Mama.

Keine unpassenden Antworten dürfen die Idylle stören. 27,30 Minuten dauert diese Mutterkreuz-Propagandaschau für Extrem-Spätgebärende. Neben den Interview-Parts gibt es Bilder von der Haussuche. Annegret R. will weg. Raus aus dem lauten Berlin. Rein ins lauschige westfälische Höxter. Das Haus dort ist sanierungsbedürftig. Aber das Problem lächelt Frau R. genauso weg, wie die zaghaften Versuche von Schrowange, Sinn in das Ganze zu bringen. „Lelia wollte unbedingt noch ein Geschwisterchen haben. Jetzt sind aus dem einen vier geworden.“

Nächste Woche junge Raser

Mit der Zahl Vier bricht dann auch die Realität in dieses Muttermärchen ein. Wegen zu geringer Nachfrage gibt es keine Vierlingskinderwagen. Die müssen extra angefertigt werden.

Dann dürfen sich die Zuschauer äußern. Abstimmung für 0,50 Euro. Mobil viel höher. „Sollte jede Frau selbst bestimmen dürfen, in welchem Alter sie schwanger wird?“ Das atemberaubende Ergebnis am Ende: 21 % stimmen für „Ja“, 79 % für „Nein“. So beruhigt ist der Zuschauer bereit für die nächste RTL-Überraschung: „Fahrlässig getötet – Junge Raser und ihre Opfer“.

Zur Startseite