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MEDIA Lab: Gemeinsam unter einer Decke

Sieben große Tageszeitungen in sieben europäischen Ländern haben "Lena", die Leading European Newspaper Alliance, gegründet. Ob da große Taten folgen werden?

Es ist die richtige Initiative zum richtigen Zeitpunkt, wobei es vielleicht schon fünf Minuten nach zwölf ist: Sieben große Zeitungen haben sich zusammengetan und „Lena“ gegründet, die Leading European Newspaper Alliance. Gemeinsam wollen sie in ihren Blättern und auf ihren Newssites auf europäischer Ebene Berichterstattungsprojekte anpacken und Beiträge austauschen. Dies geschieht im Moment, wo Europa auseinanderzubrechen droht, wo Desinformationskampagnen in nie gekanntem Ausmaß den Redaktionen die „Wahrheitssuche“ erschweren – und wo die ruinösen Folgen der Digitalisierung für den Journalismus solche nicht ganz neuen Formen der Zusammenarbeit mehr als nahelegen.

Werden die sehr verschiedenen Zeitungen sich zusammenraufen?

Ob den großen Worten auch Taten folgen? Werden sich im Alltagsgeschäft eher konservative Redaktionen wie die der „Welt“ und von „Le Figaro“ wirklich mit Forumszeitungen wie dem Züricher „Tages-Anzeiger“, der „Tribune de Genève“, dem einst als Gratisblatt gegründeten Brüsseler „Le Soir“ und mit der italienischen „La Repubblica“ sowie mit der spanischen Zeitung „El País“, die beide linkslastig sind, zu gemeinsamen Projekten zusammenfinden?

Schön wäre es natürlich, wenn es von Anfang an Begleitforschung zu der Initiative gäbe – aber für solche Aktivitäten sind gerade Medienkonzerne meistens zu geizig. Immerhin floriert seit einigen Jahren – das hat gerade die Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Kommunikations- und Medienforschung gezeigt – die vergleichende Journalismus- und Medienforschung. Auch hier fehlt es bisher allerdings an einer Zusammenschau der ausufernden Forschungsergebnisse, um diese für die Medienpraxis nutzbar zu machen. Dabei könnte solche Forschung fraglos ihr Scherflein zum Zusammenwachsen Europas beitragen, wenn sie über die Sprach- und Kulturgrenzen hinweg auf „Best Practice“-Beispiele, aber auch auf Fehlentwicklungen des Journalismus aufmerksam machte.

Stephan Russ-Mohl

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