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Das Thema Doping kommt bei der Olympia-Berichterstattung im Fernsehen zu kurz.

© dpa

Olympia-TV: Doping? Wir wissen von nichts!

Das Thema Doping spielt in den Berichten bei ARD und ZDF eine erstaunlich unauffällige Rolle. Nur einer ragt heraus: Moderator Wolf-Dieter Poschmann.

Die schnellsten Menschen der Welt kommen aus Jamaika. Das wissen wir spätestens seit dieser Woche mit den Siegen der jamaikanischen Sprinter bei den Olympischen Spielen in London, allen voran Usain Bolt. Den dritten Platz bei der Bolt-100-Meter-Show holte US-Mehrfachdoper Justin Gatlin, der vier Jahre gesperrt war. Das inspirierte ZDF-Moderator Wolf-Dieter Poschmann während der Live-Reportage zum Rundumschlag gegen alle Dopingkontrolleure. „Die US-Boys haben einen guten Job gemacht“, jubelte er, nachdem es Gatlin „der Welt gezeigt“ hatte. Das Vorhaben, Dopingsünder im Grunde genommen lebenslang wegzusperren, sei ja gescheitert. Und das sei nachvollziehbar.

Wow. Im Grunde war das die einzige Berichterstattung zum Thema Doping bei diesen Spielen, die – dem Millionenpublikum jedenfalls – im Gedächtnis bleiben dürfte. Zwar liefen diverse Berichte des ARD-Dopingreporters Hajo Seppelt in der Zeit zwischen 18 und 20 Uhr wie die Exklusivgeschichte zum Doping des kenianischen Langstreckenläufers Kisorio oder das Interview mit Richard Pound, jahrelang an der Spitze der Anti-Doping-Agentur WADA. Pound zeigte sich mit dem Stand im Anti-Doping-Kampf nicht zufrieden. Vor den Spielen in Peking 2008 hatten die ARD-Dopingredakteure Hajo Seppelt und Florian Bauer noch eigene Reportagen ins Programm gebracht. Irgendwie wird man als Zuschauer das Gefühl nicht los, dass es in London genug Leute im Riesen-Olympia-Tross bei ARD und ZDF gibt, die sich das teure Spektakel nicht allzu madig machen lassen wollen. Anders als bei der Tour de France, wo das Wort Doping fast in jeder Tageszusammenfassung der Öffentlich-Rechtlichen auftauchte.

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„Dem Thema Doping ist Raum in der Berichterstattung gegeben worden, es ist bei diesen Spielen durchaus ähnlich wie in Peking, allerdings war es vorher auf mehrere Sendungen verteilt, nicht auf ein Feature“, sagte Hajo Seppelt, der Experte für die Dopingproblematik im internationalen Sport, dem Tagesspiegel. Die hartnäckige Recherche der beim WDR angesiedelten Dopingredaktion sei sehr ertragreich, so ein NDR-Sprecher. Auch zu Athleten aus Jamaika habe die ARD im Vorfeld der Spiele intensiv recherchiert.

Doping - Szenen eines Problems:

Seltsam nur, der Olympia-Fan kriegt davon in diesen Tagen relativ wenig mit. Nach den Siegesläufen der Jamaikaner zum Beispiel tun sich ja durchaus Fragen auf. Auch Jamaikas Stars sind schon erwischt worden. Bolts Kollege, 100-Meter-Weltmeister Yohan Blake, war für drei Monate gesperrt. Im Raum stehen Aussagen von Insidern wie Victor Conte, Inhaber der Dopingküche Balco, dass Epo auch auf Jamaika ein Thema sei.

Zu alldem von den Fernseh-Moderatoren in dieser Woche kaum ein Wort, auch nicht beim 200-Meter-Finale mit Bolt und Blake am Donnerstag. Immerhin, dem ZDF ist der Auftritt Poschmanns beim 100-Meter-„Spektakel“ offenbar so peinlich gewesen, dass diese Passage mit den laut Poschmann „dämonisierten“ Dopingbetrügern aus der Aufzeichnung in der ZDF-Mediathek herausgeschnitten wurde. Leider auch Poschmanns Rat für alle Hobby-Sprinter: „Wenn Sie so schnell wie Yohan Blake werden wollen, essen Sie jeden Tag 16 Bananen.“

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