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Ein Bild aus besseren Tagen. Bertelsmann-Vorstandschef Thomas Rabe (links) und Bernd Buchholz, der am Mittwoch sein Vorstandsmandat abgegeben hat. Foto: pa/dpa

© picture alliance / dpa

Rücktritt: Aus Mangel an Unterstützung

Gruner + Jahr-Chef Bernd Buchholz gibt seinen Vorstandsposten bei Bertelsmann ab. Und für seinen Posten in Hamburg werden schon erste Namen gehandelt.

Es könnte zum Abschied auf Raten werden. Bernd Buchholz, der Vorstandschef des Zeitschriftenverlages Gruner + Jahr (G+J), hat am Mittwoch sein Mandat als Vorstandsmitglied des Bertelsmann-Konzerns niedergelegt. Dies teilte Europas größtes Medienhaus in Gütersloh mit. Der Aufsichtsrat bedauere diese Entscheidung und bedanke sich bei Buchholz für die langjährige Zusammenarbeit, heißt es in einer äußerst knappen Mitteilung. Sie endet mit der Bekräftigung, dass Bertelsmann als Mehrheitsgesellschafter unverändert zu Gruner + Jahr stehe und die Weiterentwicklung des Unternehmens unterstütze. Was dort nicht steht: Diese Unterstützung könnte nach Ansicht der Gütersloher offenbar deutlich weiter gehen.

Der Gruner+Jahr-Verlag gibt  Zeitschriften wie „Stern“, „Brigitte“ und „Capital“ heraus, auch die schwächelnde Wirtschaftszeitung „Financial Times Deutschland“ gehört zu dem Printkonzern mit Sitz in Hamburg. Gruner + Jahr ist mehrheitlich in Besitz der Bertelsmann SE & Co. KGaA, wie die ehemalige AG nach ihrer Umwidmung in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien nun heißt. In der vergangenen Woche berichtete nun das „Manager Magazin“, dass dies Bertelsmann nicht ausreicht. So soll Bertelsmann-Vorstandschef Thomas Rabe, der dieses Amt erst Anfang des Jahres von Hartmut Ostrowski übernommen hatte, nun auch die Übernahme der restlichen Anteile vorbereiten. Der Familie Jahr um Verlagserbin Angelika Jahr-Stilcken wurde demnach ein Tauschgeschäft vorgeschlagen. Für die Sperrminorität von 25,1 Prozent an G+J soll sie im Tausch mit vier bis fünf Prozent an Bertelsmann beteiligt werden. Thomas Rabe, der als ehemaliger Finanzchef von Bertelsmann ohnehin eher als kühl kalkulierender Manager gilt, hätte somit freie Hand in Hamburg – und Bernd Buchholz würde faktisch entmachtet.

An diesem Freitag wird Bertelsmann die Halbjahreszahlen des Konzerns bekannt geben. Von besonderem Interesse dürften dabei die G+J-Daten sein. Der Gewinn aus Hamburg war zwar zuletzt immer noch stattlich, früher aber deutlich höher. Und er könnte wieder signifikanter ausfallen, wenn Bertelsmann in Hamburg mehr zu sagen hätte, scheint man in Gütersloh zu glauben. Bertelsmann verspreche sich durch den Eigentümerwechsel sowohl höhere Einsparmöglichkeiten als auch eine bessere Kontrolle in dem immer schwierigeren Printmediengeschäft, hatte das „Manager Magazin“ vermutet. Schmerzlicher für Buchholz dürfte allerdings ein anderer Punkt sein. So wurde ihm aus Gütersloh die „Zugkraft einer Spielzeug-Lokomotive“ attestiert. Eine kollegiale Zusammenarbeit im Bertelsmann-Vorstand ist unter solchen Bedingungen kaum möglich, vor allem für einen Mann, der lieber mit offenem Visier kämpft. Ein gleichzeitiger Rücktritt bei G+J könnte auch arbeitsrechtlich problematisch sein.

Die Verhandlungen mit der Jahr-Familie bestätigte ein Sprecher: „Bertelsmann und die Jahr-Holding als Gesellschafter von Gruner + Jahr befinden sich aktuell in Gesprächen über die Lage und weitere Ausrichtung des Verlags“, teilte er mit. Aussagekräftiger war hingegen, dass anders als bei früheren Gelegenheiten ein Dementi der Eigentümer aus Hamburg ausblieb. Ein Umstand, der auch die G+J-Mitarbeiter beschäftigt. Die Jahr-Familie sei längst nicht mehr so stark in den Redaktionen engagiert als zu der Zeit, da Angelika Jahr die Zeitschrift „Essen und Trinken“ als Chefredakteurin geleitet hat oder später als Verlagsgeschäftsführerin für die Living-Gruppe zuständig war, heißt es.

Noch am Dienstag wollte man an der Alster die Vorgänge jedoch nicht überdramatisieren. „Wir sind uns bewusst, dass wir ein Teil des Bertelsmann-Konzerns sind“, sagte Achim Diekmann, Betriebsratsvorsitzender des „Gruner + Jahr“-Verlages in Hamburg: „Wir sind zwar nicht mehr die Cashcow des Bertelsmann-Konzerns, aber es wird noch immer ein guter Gewinn abgeführt.“ 2011 hatte G+J 250 Millionen Euro Profit erwirtschaftet, in der vergangenen Dekade zwei Milliarden Euro an die Gesellschafter ausgeschüttet.

G+J-Chef Bernd Buchholz hatte am gleichen Tag gezeigt, dass er die Zügel fest in der Hand hält. Der „FTD“ hat er eine Schlankheitskur verordnet. Die Zeitung besteht künftig wochentags nur noch aus zwei statt vier Büchern, der maximale Umfang wurde auf 24 Seiten verringert. Die Frage ist, ob damit Stärke gezeigt werden sollte, oder ob es Buchholz’ Absicht war, sein Haus besenrein zu übergeben. Fest steht, dass seine Position nach dem Rückzug aus dem Bertelsmann-Vorstand nicht besser geworden ist. Erste Namen für seine Nachfolge werden schon gehandelt. Als Inhouse-Lösung käme G+J-Vorstand Torsten-Jörn Klein infrage, auch der Name von Bertelsmann-Vorstand Thomas Hesse ist zu lesen.

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