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US-Präsident Trump und steht unter Druck - auch wegen der Aktivitäten seines Sohns Donald Junior.

© AFP/Mandel Ngan

Russland-Kontakte: Warum der gefallene Sohn für Trump gefährlich wird

Es war ein Angebot, das er nicht ablehnen konnte. Donald Trump Jr. tat es für die Familie. Nun könnten seine Kontakte zu Russland den Vater das Präsidentenamt kosten.

Die Suche nach Anerkennung endet in Zurückweisung. Auch diesmal kann der älteste Sohn die Liebe des Vaters nicht gewinnen. Er bleibt der verlorene Sohn. Wenn es schlecht für ihn läuft, dann wird sein jüngster Versuch, die Gunst des Patriarchen zu erringen, diesen zwingen, ihn zu opfern, um sich selbst zu retten – und den Sohn ins Gefängnis bringen.

Am Ende einer Woche mit unerhörten Enthüllungen über die Rolle des ältesten Präsidentensohnes im Wahlkampf dreht sich der Streit im Wesentlichen darum, ob Donald Trump Jr. sich erstaunlich dumm verhalten hat oder geradezu kriminell, als er das Angebot annahm, belastendes Material über Hillary Clinton aus einer russischen Quelle entgegenzunehmen.

Die Kinder buhlen um die Zuwendung des Vaters

Warum informierte Don nicht das FBI, warum riskierte er eine Straftat – womöglich Landesverrat? Das lässt sich wohl nur aus dem komplizierten Beziehungsgeflecht innerhalb der Familie Trump erklären, der Konkurrenz zwischen den fünf Kindern aus drei Ehen und den erlittenen Verletzungen beim Buhlen um die Zuwendung des dominanten Vaters.

Im Sommer 2016 sieht Don die Chance, den großen Coup zu landen, der seinem Vater den Weg ins Weiße Haus ebnet. Zugleich ist es eine Gelegenheit, die Hierarchie in der Familie zurechtzurücken. Ivanka, die Zweitgeborene, steht seit Jahren weit mehr in der Gunst des Vaters als er, der Stammhalter und Namensträger. Der Senior behandelt sie wie eine Prinzessin. Ihr Mann Jared Kushner genießt im Wahlkampfteam mehr Wertschätzung als Don und ist zum Kronprinzen im Trump-Imperium aufgerückt. Trump hat in Kushner und seinen waghalsigen, aber erfolgreichen Immobiliengeschäften in Manhattan sich selbst als jungen Mann wiedererkannt. So ist es denn auch der Schwiegersohn, der im Sommer 2016 Regie führt, auf dem Parteitag in Cleveland, Ohio, der Trump zum Präsidentschaftskandidaten kürt.

Donald Trump Jr. (4.v.r.) sollte Thronfolger im Trump-Imperium werden. Doch die zweitgeborene Ivanka (3.v.r.) ist längst in der Gunst des Vaters aufgestiegen.
Donald Trump Jr. (4.v.r.) sollte Thronfolger im Imperium werden. Doch Ivanka (3.v.r.) ist längst in der Gunst des Vaters aufgestiegen.

© Brendan McDermid/Reuters

Der Coup, der Trump Jr. in der Hierarchie des Clans wieder nach oben bringen soll, beginnt mit dem Briten Rob Goldstone, einer schillernde Figur zwischen Medien und Geheimdienstmilieu, der den Trumps in geschäftlichen Dingen seit Längerem als Verbindungsmann für Moskau dient. Der hatte ihm in einer E-Mail Anfang Juni 2016 ein Treffen mit einer Vertreterin der russischen Regierung angeboten. Die werde ihn mit „Dokumenten, die Hillary (Clinton) belasten und sehr hilfreich für ihren Vater sind“, versorgen. „Diese sensiblen Informationen sind Teil der Unterstützung Russlands und seiner Regierung für Mr. Trump“, heißt es in der E-Mail.

"Wenn es das ist, dann liebe ich es!"

Und „Don“, wie Freunde und Bekannte den Junior nennen, geht begeistert auf die Offerte ein. „Wenn es das ist, was Sie sagen, dann liebe ich es“, antwortet er. Und organisiert ein Treffen mit der angekündigten Dame einige Tage später; daran nimmt auch die Spitze des Kampagnenteams teil: Schwiegersohn Jared Kushner und der damalige Wahlkampfleiter Paul Manafort. Das Treffen selbst verläuft enttäuschend, sagen die Beteiligten heute.

Das aber ist nicht der Punkt. Kooperation mit einer ausländischen Regierung zur Beeinflussung des Wahlkampfs ist verboten. Die versprochene Munition für eine Schmutzkampagne gegen Clinton konnte zudem kaum aus legalen Quellen stammen. Der demokratische Präsidentschaftskandidat Al Gore hatte 2000 aus weit geringerem Anlass das FBI wegen des Verdachts auf eine Straftat eingeschaltet. Eine anonyme Quelle hatte ihm Material aus dem Hauptquartier seines republikanischen Gegners George W. Bush zugespielt. Das ist der Maßstab, an dem sich Trump messen lassen muss.

Die Auftritte sagen viel über die Hierarchie

Die Hierarchie in Familie Trump lässt sich schon in der Woche seiner Kandidatur an den Auftritten seiner Kinder ablesen, die über mehrere Tage verteilt sind: Damals, in Ohio, macht den Anfang Tiffany, Tochter aus der zweiten Ehe mit Marla Maples. Eine 22-Jährige in blauem Kleid, die Sängerin werden möchte, ihre erste Single produziert hat und die Hilfsbereitschaft des Vaters schildert, der angeblich immer für sie da war, obwohl Trump auch ihre Mutter nach kurzer Ehe verlassen hatte.

Danach darf Don, 39, ans Mikrofon. Er stellt sich als „Vater von fünf Kindern“ vor und „Sohn eines großartigen Mannes“. Der habe ihm beigebracht, sich am Steuer einer Baumaschine ebenso wohl- zufühlen wie am Steuer eines Autos. Und er sei ein Vorbild an Durchsetzungskraft. Wenn man „Donald Trump sagt, das kannst du nicht schaffen, dann ist das die Garantie dafür, dass er es schafft“, sagt Don mit Blick auf den Wahltag.

Die prominenteste Rolle aber hat Ivanka, 35. Am Krönungstag tritt sie in einem engen weißen Kleid auf die Bühne und preist ihren Vater , um ihn dann ans Mikrofon zu bitten für die große Rede, in der er die Kandidatur annimmt.

Mit dem Powercouple kann Trump Jr. nicht mithalten

Don kann mit dem „Power Couple“ Ivanka/Jared und deren Einfluss nicht mithalten. Er war erst einige Jahre zuvor in die Familie zurückgekehrt – nach dem Zerwürfnis, das auf die Scheidung des Vaters von dessen erster Frau Ivana, der Mutter der ältesten drei Trump-Kinder Donald Jr., Ivanka und Eric, folgte.

Die Kinder wurden auf ein Internat im ländlichen Pennsylvania geschickt, damit sie nicht allzu viel vom Rosenkrieg mitbekamen. Donald Jr. absolvierte einen Collegeabschluss in Ökonomie, ebenfalls in Pennsylvania. Von dort ging es nach Aspen, Colorado, wo Don jagte, fischte, Ski lief und in einem Campinggefährt lebte. Man darf das wohl als Flucht vor dem Vater in New York verstehen. Während die jüngeren Geschwister Ivanka und Eric Kontakt zu „The Donald“ hielten, brach der älteste Sohn Don ihn eine Zeitlang völlig ab. Dann aber kehrte er doch nach New York zurück und übernahm Aufgaben im Trump-Imperium. Doch auch danach nimmt er sich seine Auszeiten, geht auf Großwildjagd nach Afrika und gibt auch in den USA den „Outdoor Man“, der in der Wildnis Ruhe findet, während die anderen das Scheinwerferlicht in New York suchen.

Er liebt seine Mutter Ivana

Das Muster ist bekannt: Das älteste Kind leidet am stärksten unter der Trennung der Eltern. Don hatte schon immer eine besonders enge Beziehung zu seiner Mutter Ivana und deren Familie in der damaligen Tschechoslowakei. Die Sommerferien verbrachte er beim Großvater, der ihm Jagen und Fischen beibrachte. Er lernte auch Tschechisch.

Zwei andere Faktoren dürften zu Dons Rolle in der Russland-Affäre beigetragen haben: Erstens wurde der Wahlkampf als „Family Business“ geführt. Die engsten Verwandten haben mehr Einfluss als erfahrene Berater. Denn Trump führte den Kampf um die Nominierung zunächst gegen die eigene Partei. In deren Führung hatte er keine loyalen Anhänger. Die eigenen Kinder aber mussten Wahlkampf erst lernen. Sie kannten vermutlich nicht einmal den Präzedenzfall Al Gore.

Zweitens haben die Kinder den laxen Umgang des Vaters mit Gesetzen, Ethik und Wahrheit übernommen. Als vor einem Jahr zum ersten Mal der Verdacht kursiert, dass Moskau Trump zum Präsidenten machen wolle und dessen Kampagne mit Russland kooperiere, behauptet Don: Wenn umgekehrt die Republikaner den Demokraten solche Schweinereien unterstellten, würden die den elektrischen Stuhl für die Verleumder fordern. Derart übel sei eine solche Nachrede. Heute dagegen behauptet Don Trump, es sei nichts dabei, wenn er sich mit Russen zur Wahlbeeinflussung verabrede.

Der Schlüssel zu Dons Verhalten dürfte aber in der konfliktreichen Vater-Sohn-Beziehung liegen. Zu der gehören auch die beiderseitig vermutlich unausgesprochenen und enttäuschten Erwartungen. Schon in der Namensgebung drückt sich die dynastische Vorstellung aus: Donald Jr. soll eines Tages in die Rolle von Donald Sr. schlüpfen, als Patriarch des Clans und des Konzerns.

Die Zweitgeborene wird zu Daddys Liebling

Doch dann wird die Zweitgeborene zu Daddys Liebling. Bei jeder Gelegenheit preist Donald Sr. Ivankas Schönheit und macht dabei aus seinem sexistischem Frauenbild kein Geheimnis. Familie und Umfeld wissen seit Langem, dass Trump, der Impresario des internationalen Schönheitswettbewerbs „Miss Universe“, Frauenkörper taxiert und dann Kurzbeurteilungen auf einer Skala von eins bis zehn abgibt. Ivanka ist in seinen Augen „clearly a ten“.

Trump überlässt Ivanka wie selbstverständlich seinen Platz am G-20-Tisch, als in Hamburg Karrierechancen von Frauen auf der Tagesordnung stehen. Ivanka führt die Delegation an, die sich in Deutschland umschaut, was die USA vom dualen Ausbildungssystem lernen können. Die Tochter ist eine Art Sonderbotschafterin fürs Kanzleramt. Sie begleitet ihn auch beim ersten Treffen mit Japans Premierminister Abe. Und wen nimmt Trump drei Tage nach der Wahl ins Weiße Haus mit, um die Details der Machtübergabe mit Barack Obamas Team zu besprechen? Ivankas Mann Jared Kushner.

Don hält sich fern von Washington

Don hält sich fern von Washington. Er und der jüngere Bruder Eric sollen die Trump-Firmen managen, solange der Senior Präsident ist und sich aus den Geschäften heraushalten muss. Doch jetzt werden ihn die Untersuchungsausschüsse zur Russland-Affäre vorladen, um mehr über den fatalen E-Mail-Austausch und das Treffen mit der Abgesandten Russlands zu erfahren. Auch Sonderermittler Robert Mueller wird sich melden. Und eventuell der Staatsanwalt. Spätestens dann wird sich der Vater vom Sohn lossagen müssen.

Oder der Sohn den Vater hineinziehen in die Affäre. Bisher behauptet er standhaft, Trump Sr. habe nichts gewusst von E-Mail und Treffen. Am Ende ist sich auch bei den Trumps jeder selbst der Nächste. Längst fragen US-Medien, ob nicht womöglich ein Familienmitglied die inkriminierende E-Mail an die „New York Times“ durchgestochen habe. Hat der Patriarch es noch in der Hand, wer aufsteigt und wer stürzt?

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