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Berlin: Abflug von überall

Am BER wird es eng: Der frühere Flughafenchef Romberg rät, im alten Schönefelder Flughafengebäude auch künftig Billigflieger abzufertigen – und Tegel als Regierungsflughafen in Betrieb zu lassen.

Berlin/Potsdam - Mit einer Empfehlung hat sich der frühere Berliner Flughafenchef Hans-Henning Romberg in die Suche nach einem Ausweg aus dem BER-Fiasko eingeschaltet. Er schlägt vor, der BER solle das Abfertigungsgebäude des alten Schönefelder Flughafens als Zweitterminal weiter nutzen – und die Kanzlermaschine solle weiter in Tegel starten. So könnten ansonsten programmierte Engpässe bei der Inbetriebnahme des BER vermieden werden.

Nach der dem Tagesspiegel vorliegenden Analyse Rombergs für die Berliner SPD sollte mit dem BER-Start das Schönefelder Flughafengebäude nicht aufgegeben werden. Stattdessen könnten dort Passagiere von Billig-Airlines wie Easyjet abgefertigt werden, die dort bereits ihre Station hat. „Eine Lösung, die sofort verfügbar ist, 7 Millionen (Passagiere) Kapazität hat, operationell als Komplett-Terminal funktioniert und kein Geld kostet, ist der Weiterbetrieb des alten Terminals SXF Nord“, heißt es im Papier. „Woanders werden solche Terminals neu gebaut, in BER sollen sie bislang aufgegeben werden.“

Die Konsequenz aus Rombergs Idee wäre „der zumindest vorläufige Verbleib der Flugbereitschaft in Tegel“, also die Nutzung von Tegel-Nord als „Airport One“ für Flieger der Bundesregierung. Ein Weiterbetrieb eines Teils von Tegel als Militärflughafen mit „Gastrecht“ für Business-Jets widerspreche nicht der Planfeststellung, die „nur für die zivile Nutzung gilt“. Laut Romberg würden die Pläne des Senats, den Süden des Flughafens Tegel zum „Technologie-Park“ zu entwickeln, von der Lösung nicht berührt.

Das Konzept findet sich im 45-seitigen Protokoll eines Vortrages, den Romberg jüngst vor dem Fachausschuss Mobilität der SPD Berlin hielt. Romberg war 20 Jahre lang Führungskraft bei der Lufthansa, in den 1990er Jahren Chef der Flughafenholding und ist heute Geschäftsführer der German Business Aviation Association (GBAA), der Lobbyvereinigung der Geschäftsflieger unter dem Dach des Bundesverbandes der deutschen Industrie. Die GBAA drängt seit längerem darauf, Tegel für Regierungs- und Geschäftsflieger als „Gäste“ offenzuhalten. Ähnliche Forderungen hatte der neue BER-Vorstand Hartmut Mehdorn in seiner Zeit als Bahn- und Air-Berlin-Chef erhoben.

Vor den Genossen hatte Romberg Defizite des BER gerügt – etwa die auch jenseits der Brandschutzanlage schlechte Planung des Terminals. „Schon zur Eröffnung und erst recht in den dann folgenden Jahren reicht die Kapazität nicht aus“, so bei Check-in und Security, bei der Gepäckabfertigung und den Warteräumen. Zwar funktioniere jeder schlechte Bau „irgendwie“. Es komme aber „auf die Qualität an, Schlangenbildung, Wartezeiten, Gefahrenstellen.“ Das BER-Terminal habe da „starke Schwächen“, nämlich „zu wenig Stauraum“ vor den Sicherheitskontrollen und den Check-Ins, „nur einen Quergang, auf den mittig die Rolltreppe vom Bahnhof trifft“.

Nach Rombergs Worten entsprach die Planung des Terminals bereits seit 2002 nicht mehr der Kapazität der künftigen An- und Abflüge. Zugunsten von Geschäften und Restaurants waren unter dem damaligen Flughafenchef Rainer Schwarz Kontroll- und Abfertigungskapazitäten verringert worden. Das Terminal sei „zu klein und ein massiver Engpassfaktor“, erklärte Romberg.

Mit seiner Einschätzung, dass es für die Abfertigung der bereits 25 Millionen Passagiere der Berliner Flughäfen (davon 7 Millionen in Schönefeld) kaum reicht, steht er nicht allein. Bauchef Horst Amann oder Gutachter Dieter Faulenbach da Costa waren zu ähnlichen Einschätzungen gekommen. Offiziell hat der Flughafen künftige Abfertigungs-Engpässe bisher allerdings bestritten.

Die Flughafengesellschaft lässt derzeit prüfen, wie das Erweiterungsproblem gelöst werden könnte. Die Weiternutzung von Schönefeld-Alt ist eine Option. Bislang war vorgesehen, nach einem Baukastenprinzip je nach Passagierentwicklung „Satelliten“ zu bauen. Erwogen wird auch ein Abriss der neuen Parkhäuser am Terminal, um Platz für Anbauten zu schaffen. Romberg hingegen warnt: „Die Kapazität kann nicht erweitert werden, wenn gleichzeitig dadurch Engpässe verschärft werden.“ Dies wäre der Fall, wenn die Passagiere trotzdem im Terminal-Nadelöhr abgefertigt würden. Auch anderswo würden „immer komplette Terminals“ gebaut. Ein neues zweites Terminal am BER sei vor 2018 nicht realisierbar, „die finanziellen Mittel sind kritisch“. Das noch nicht funktionsfähige Terminal hat bereits 1,2 Milliarden Euro gekostet.

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