zum Hauptinhalt
Es läuft am BER - zumindest an diesem Abend.

© dpa

Airport Night Run: Endlich läuft mal was am BER

Knapp 7000 Läufer wagen sich am Samstagabend auf den Halbmarathon rund um den BER. So nah werden sie ihrem Flughafen so schnell nicht mehr kommen. Ein Testlauf.

Nachts sind alle Flughäfen hell. Oder am frühen Abend, egal, endlich einmal hat der BER eine Chance, mit den Kollegen aus Tegel, München, Amsterdam oder New York in einer Liga zu spielen oder sogar noch darüber, denn: Welcher Flughafen spendiert schon einmal im Jahr einen Tag der offenen Startbahn? Ein Happening, bei dem jeglicher Flugverkehr ruht und das Publikum sich dort bei einem Halbmarathon verlustieren darf, wo sonst „Flugzeuge starten und landen“. So war es im April 2012 auf mannsgroßen Plakaten in Schönefeld zu lesen, kleines Aperçu zum damals festgelegen Starttermin, und weil das so schön geklappt hat, wird das Happening seitdem jedes Mal im April wiederholt.

Na ja, vielleicht gibt es dafür auch einen andern Grund, aber das soll jetzt nichts zur Sache tun.

An diesem Samstagabend ruht in Schönefeld wie schon 2012 jeder Flugbetrieb und es herrscht Festabendsbeleuchtung. Da sind allerlei Flutlichtmasten, und auf dem Asphalt der für die Flugzeuge reservierten Bahnen blinken blaue, grüne, rote und gelbe Lichter. Das verträgt sich nicht ganz mit dem politischen Neutralitätsgebot, denn es fehlt das der CDU nahe stehende Schwarzlicht, und auf welchem Flughafen hätte es größere Berechtigung als auf diesen virtuellen südlich von Berlin? 

Egal. Am Samstagabend wird der Airport Night Run gegeben, und der hat einen festen Platz im Kalender der Berliner Laufgemeinschaft. Aus Erfahrung reisen auch diesmal fast alle Teilnehmer mit dem Auto an. Das ist umweltpolitisch nicht ganz korrekt und vom Veranstalter auch nicht gewünscht. Aber es lässt sich nun mal nicht aus der Welt reden, dass der Flughafen, um die internationale Luftfahrtsprache zu bedienen, right in the fucking middle of nowhere liegt, weit weg von allen Haltepunkten des öffentlichen Nahverkehrs. Die mit millionenschwerem Aufwand hergestellte Bahnverbindung führt zwar regelmäßig Testfahrten durch, aber selbstverständlich ohne Publikum, und wer wollte schon erwarten, dass für diesen Tag der offenen Startbahn eine Ausnahme gemacht wird. Und was den Shuttle-Transport vom alten Bahnhof Schönefeld (weit weg!) betrifft, weiß aus der Erfahrung der vergangenen Jahre: Das großartige Konzept des Berliner Schienenersatzverkehrs funktioniert hier noch ein bisschen großartiger, und damit ist eigentlich alles gesagt.

Also mit dem Auto nach Schönefeld Neu. Es gibt ein riesiges Parkhaus und einen riesigen Parkplatz vor dem Terminal, aber gleich nach der Autobahnausfahrt wird von drei auf zwei Spuren verengt und dann noch mal auf eine, Baustellenschilder bitten um Entschuldigung, obwohl doch die Belastung dieser sehr jungen Verbindung in jüngster Vergangenheit sehr übersichtlich war. Der Stau passt natürlich perfekt zu Berlin, aber seine Berechtigung mag sich im aktuellen Fall nicht auf Anhieb entschlüsseln. Ein Mitarbeiter der Ordnungskräfte lacht und sagt, man habe mal einen Ernstfall simulieren wollen. Sehr lustig! Den damit verbundene Ausstoß von Adrenalin – schaffen wir es noch zum Startschuss? – hätten sich die Läufer ganz gern für die folgenden 21,097 Kilometer aufgehoben. Die Fahrstühle im Parkhaus sind selbstverständlich nicht in Betrieb. Dafür dürfen die Notausgänge und -treppen gern einem Praxistest unterzogen werden.

Es reicht dann gerade noch so, um pünktlich den Starplatz zu erreichen. Taktisch geschickt werden die Läufer auf dem ersten Kilometer durch enge und verwinkelte Gassen gelotst, man tritt sich auf die Füße und entschuldigt sich, egal, weiter, immer weiter, dem Sonnenuntergang entgegen, der Ausblick ist wirklich großartig. Das Feld öffnet und die Startbahn weitet sich, die Läufer streuen auseinander, aber ganz innen, wo der schwarze Asphalt in den graugrünen Rasen übergeht, weist eine Ordnerin in gelber Weste liebevoll darauf hin: „Weg da, jehnse jefällichst nach innen, hier wird nich jeloofen!“ 

Die Läufer nicken und fügen sich freundlich. Weiter hinten sind Trommelschläge zu hören, weit weg und gerade deshalb ein Ansporn.  Die Trommler helfen über die gesamte Strecke, es handelt sich dabei um sechs, sieben Sportsfreunde am Ende des Parcours, der zweimal zu absolvieren ist, aber weil die Trommler so laut und intensiv und liebevoll bei der Sache sind, fällt das kaum auf.  

Knapp 7000 Läufer testen an diesem Samstag den Asphalt von Start- und Lande- und Zwischendurchbahnen, und wer weiß schon, welchen Schaden sie mit ihren Gummisohlen angerichtet haben. Na, es wird auf jeden Dall schwerwiegend genug gewesen sein, dass auch im kommenden April noch kein Flugbetrieb herrscht und stattdessen die Läufer den BER in Beschlag nehmen. Ein begehrtes Fotomotiv sind an diesem Abend die Trikots einer Läufergruppe, die für eine schwäbische  Brauerei werben. Auf dem Rücken der Läufer steht: „Tempus fugit, Tegel manet“, was in etwa bedeutet, dass der Flugverkehr im Norden Berlins noch ein bisschen erhalten bleibt.

Und in Schönefeld noch ein Weilchen gelaufen wird. Im April sind nachts alle, aber auch wirklich alle Flughäfen hell.

Zur Startseite