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Das Strandbad Lübars am Tag nach dem Unglück.

© dpa

Badeunfall im Freibad Lübars: Vorwürfe gegen Eltern von ertrunkenem Mädchen

Am Tag nach dem tödlichen Badeunfall im Freibad Lübars hat die Polizei ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Dabei geht es vor allem um die Frage, warum sich die ertrunkene 13-Jährige trotz Anwesenheit ihrer Eltern außerhalb des Nichtschwimmerbereichs aufhielt.

Die Pächter des Strandbads Lübars haben den Eltern des bei einem Badeunfall gestorbenen Mädchens „unverantwortliches“ Handeln vorgeworfen. „Ein sehr deutlich durch Absperrungen begrenzter Nichtschwimmerbereich wurde leider nicht beachtet“, heißt es in einer Mitteilung des Bades. Die 13-Jährige, die nicht schwimmen konnte, hatte gemeinsam mit ihrem 17-jährigen Cousin im Schwimmerbereich des Bades die große Rutsche benutzt. Dabei war sie unter Wasser geraten und nicht wieder aufgetaucht. Ein Taucher der Feuerwehr barg das Mädchen nach etwa einer halben Stunde aus neun Meter Tiefe und sieben Meter von der Rutsche entfernt.

Das Mädchen wurde in eine Klinik gebracht, dort konnte nur sein Tod festgestellt werden. Die Polizeidirektion 1 hat ein Todesermittlungsverfahren eingeleitet. Den Verantwortlichen des Bades wird nach erster Einschätzung kein Vorwurf gemacht. Geprüft wird, ob die Eltern ihrer Fürsorgepflicht nachgekommen sind. Zwei Augenzeugen berichteten, dass der jüngere Bademeister auf die ersten Rufe des Cousins nicht sofort und ernsthaft reagiert habe. Dem widersprach das Bad energisch.

„Wir haben sofort gehandelt“, sagte Betriebsleiter Olaf Schenk am Sonntag. Zuerst habe der Junge jedoch nur „ey, ey“ gerufen. Dem Vernehmen nach soll er gesundheitlich beeinträchtigt sein. Als klar gewesen sei, dass etwas passiert sei, seien zwei Rettungsschwimmer von ihrem 25 Meter entfernten Steg sofort zur Rutsche hinausgeschwommen. Und der Schwimmmeister ließ sich sofort eine Pressluftflasche und Flossen bringen und begann zu tauchen, jedoch vergeblich.  In der Eile konnte er sich keinen Neoprenanzug mehr anziehen, deshalb konnte er in dem in der Tiefe kalten Wasser nicht lange tauchen.

Wie die Familie des Mädchens wurde er von Seelsorgern betreut. Neben dem Schwimmmeister waren zwei Sanitäter im Bad. Die aus Polen stammenden Eltern saßen auf der Liegewiese, sie bekamen vom Unglück nichts mit. „In keinem Berliner Bad ist der Nichtschwimmerbereich so deutlich abgetrennt, nämlich mit Bohlen“, sagte Schenk.  Selbst mit Schwimmflügeln dürfen Kinder nicht in den Schwimmerbereich. Das Bad gehört den Bäderbetrieben, seit 2009 ist es an den derzeitigen Betreiber verpachtet. Bei den Bäderbetrieben hieß es, dass gerade an Seen Eltern in der Pflicht seien, da die Gefahr wegen des trüberen und manchmal tieferen Wassers größer sei.

Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) hat am Sonntag an alle Eltern appelliert, Kinder beim Baden nie aus den Augen zu lassen, falls diese nicht gut schwimmen können. DLRG-Retter beobachteten immer wieder, „dass Eltern ihre Kinder unbeobachtet im Wasser spielen lassen und auf der Liege ein Buch lesen“, sagte DLRG-Sprecher Frank Villmow. Und:  „Kinder ertrinken leise.“ Laut DLRG reicht das sogenannte „Seepferdchen“ nicht als Schwimmnachweis. Von genügenden Kenntnissen könne man erst ab dem Jugendschwimmerabzeichen in Bronze sprechen. Dafür müssen Kinder 200 Meter schwimmen und zwei Meter tief nach einem Ring tauchen.

Schwimmunterricht wird an Berlins Grundschulen in der dritten Klasse mit mindestens 32 Stunden erteilt. Laut Bildungsverwaltung konnten im Jahr 2010 am Ende der dritten Klasse jedoch 17,4 Prozent nicht schwimmen. Die höchsten Anteile gab es in Neukölln (33,3Prozent), Mitte (30,6 Prozent) und Friedrichshain/Kreuzberg (25,6 Prozent). In Bezirken mit ausgeprägtem bürgerlichen Mittelstand und Badeseen in der Nähe wie Treptow/Köpenick oder Steglitz/Zehlendorf waren es nur 9,1 bzw. 6,8 Prozent Nichtschwimmer.

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