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Der Eingang im Vivantes-Klinikum Neukölln 2012 - oft ist es dort viel voller.

© Kitty Kleist-Heinrich

Berlin-Neukölln: Vivantes-Klinikum: 585 Millionen Euro für Sanierungen

Hubschrauberlandeplatz zu eng, Rettungsstelle zu voll, Betten, Kabel - alles überlastet: Das Krankenhaus Neukölln muss saniert werden. Das wird teuer - und passiert bei laufendem Betrieb.

Immerhin geht es den Falken gut. Acht Eier haben sie in diesem Jahr schon gelegt, in ihr Nest auf einem Dach des Neuköllner Vivantes-Klinikums. Ein Krankenpfleger kümmert sich in Absprache mit Naturschützern um die Raubvögel. Der Klinik selbst geht es eher schlecht – sie braucht 585 Millionen Euro um in den kommenden zehn Jahren nötige Sanierungen vornehmen zu können. Diese Summe bestätigten der Vorstand der landeseigenen Vivantes-Kliniken und Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) am Montag.

Das Neuköllner Krankenhaus kann die Masse der Patienten in der wachsenden Stadt kaum noch verkraften. Betten stehen stundenweise im Flur, Leitungen sind marode, die Rettungsstelle wird über eine Auffahrt erreicht, auf der im Winter nicht alle Wagen problemlos hochfahren können.

Dazu kommt, dass das Luftfahrt-Bundesamt den Hubschrauberlandeplatz unter neuen Bestimmungen geprüft hat. Ergebnis: Die Anflugschneise ist zu eng, das nächste Wohnhaus zu nah. Nicht nur in Neukölln laufen alte Helikopterlandeplätze nun mit Ausnahmegenehmigung – noch.

Senator Czaja: Rettungsstelle nicht einen Tag lang schließen

Das alles sind Gründe, eine der größten Einzelkliniken Deutschlands umzubauen. Und zwar bei laufendem Betrieb, denn, so sagte es Senator Czaja: „Berlin kann sich eine Schließung nicht einen Tag lang leisten.“ Keine Notaufnahme in der Stadt wird öfter angefahren, 23 000 Mal kommt im Jahr der Rettungswagen an. Insgesamt werden dort bald 80.000 Patienten pro Jahr versorgt, viele Familien laufen zu Fuß in die Notaufnahme, ohne dass sie tatsächlich Notfälle wären. Ausgelegt war die Rettungsstelle in den 1980ern für 25.000 Patienten. Die 1200 Betten der Gesamtklinik sind zu 90 Prozent dauerhaft mit Patienten belegt.

Das sind im Bundesvergleich ungewöhnlich hohe Zahlen – üblicherweise haben Kliniken kaum 300 Betten und über Notaufnahmen verfügen selbst in Berlin nicht alle Krankenhäuser. „Unser Bezirk ist zudem schwieriger“, sagte der Neuköllner Gesundheitsstadtrat Falko Liecke (CDU). „Mehr Raucher, mehr Sozialfälle und weniger Kinder bei den Früherkennungen.“

Bis zu 600.000 Menschen leben im Einzugsgebiet der Klinik, die im Katastrophenfall für Verwundete vom Flughafen Schönefeld zuständig ist. Vor einem Jahr stand in Vivantes-Unterlagen: „Schwierige Bedingungen bei Massenanfall von Verletzten.“ Und: „Die technischen Anlagen haben nach fast 30 Jahren das Ende ihrer Lebensdauer erreicht.“

Neuer Landesplatz für Hubschrauber

Am Montag nun hieß es: Ab 2018 sollen Hubschrauber auf dem Dach einer neuen Rettungsstelle landen, deren Autoauffahrt dann zu ebener Erde liegt. Dazu will der Vorstand das Hauptgebäude um vier Blöcke erweitern. Dann könnten schrittweise Stationen in die Neubauten ziehen, während alte Räume saniert werden. Der erste Bauabschnitt wird 150 Millionen Euro kosten – Geld, das Vivantes nicht hat. Von den 33 Millionen Euro, die Vivantes im Jahr aus der Landeskasse bekommt, lässt sich die Sanierung nicht bezahlen. Der Konzern hatte das vergangene Geschäftsjahr nur mit einem knappen Bilanzplus abgeschlossen.

„Wir sind uns im Senat einig, dass ein Sonderzuschlag her muss“, sagte Czaja. „Die Vorbereitungen laufen.“ Dazu müsste Vivantes bald seine nicht mehr vollständig genutzten Alt-Grundstücke verkaufen, nach deren Erlösen aber wohl immer noch bis zu 500 Millionen Euro Gesamtkosten übrig blieben.

Senator Czaja wird einen Teil davon bald für den nächsten Haushalt anmelden, letztlich entscheidet nach der Wahl im September aber das neue Abgeordnetenhaus über die Ausgaben. Derzeit bestreitet keine Fraktion den hohen Sanierungsbedarf. Vivantes betreibt neun Kliniken, 15 Heime und zwölf Ärztezentren.

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