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SED, PDS, Linke - und jetzt bei der SPD: Sylvia-Yvonne Kaufmann

© dpa

Berliner SPD-Bewerber für das Europaparlament: Konkurrenz von links

Die frühere PDS-Politikerin Sylvia-Yvonne Kaufmann, zeitweilig Vizepräsidentin des Europaparlaments, will wieder nach Straßburg. In ihrer neuen Partei, der SPD, ist das umstritten.

Von Matthias Meisner

Die Sozialdemokraten im Kreisverband Lichtenberg schwärmen von ihrer Kandidatin in den höchsten Tönen. Eine „leidenschaftliche Europäerin“ und ein „Charakterkopf“ sei Sylvia-Yvonne Kaufmann, die von 1999 bis 2009 im Europaparlament saß, drei Jahre lang sogar als Vizepräsidentin, damals für PDS und Linkspartei. 2014 ist die nächste Europawahl, die Genossen aus dem Bezirk signalisieren jetzt, dass sie Kaufmann wieder im Straßburger Parlament sehen wollen. Der Lichtenberger Kreisvorsitzende Ole Kreins ist davon überzeugt, dass sie dort „kein Hinterbänkler sein wird“.
Die Kandidatur hätte Symbolik: Erstmals würde einem früheren SED-Mitglied (Kaufmann trat 1976 ein), das sich zum Wechsel in die SPD entschieden hat, der Aufstieg dort ermöglicht. Kaufmann hatte die Linke vor vier Jahren verlassen. Für die Europawahl 2009 war sie nicht mehr aufgestellt worden, sie fiel ebenso durch wie Reformer André Brie. Kurz vor der Europawahl verkündete Kaufmann auf einer Pressekonferenz des damaligen Parteichefs Franz Müntefering den Eintritt in die SPD. Ihre alte Partei nannte sie einen „Haufen von Sektierern“, ihr sei „politisch quasi gekündigt worden“. Die Linke habe sich mit ihren Nein zum Lissabonner Vertrag „endgültig einbetoniert".
Ob Kaufmann die Chance für ein Comeback bekommt, ist offen. Nach 25 Jahren im Europaparlament will die Berlinerin Dagmar Roth-Behrendt 2014 nicht mehr kandidieren, ein aussichtsreicher Platz auf der Bundesliste wäre frei. Die 58-jährige Kaufmann wird jedoch einen ernsthaften Gegenkandidaten haben: Philipp Steinberg, 36, Vizevorsitzender des Landesverbandes und als finanzpolitischer Referent beim SPD-Parteivorstand nah dran an Sigmar Gabriel. „Eine Verjüngung steht an“, sagt Steinberg und verweist darauf, dass er in der Landes-SPD gut vernetzt sei. Die frühere PDS-Vizechefin Kaufmann wirbt für sich mit dem Hinweis, das europäische Projekt sei ihr ein „Herzensanliegen“. Im April sollen sich die Kandidaten bei Mitgliederforen vorstellen. Auf einem Landesparteitag im Mai wird entschieden, wer 2014 ins Rennen geht.
Steinberg gilt als Favorit des Landesvorsitzenden Jan Stöß. Ob Parteichef Gabriel hingegen für Kaufmann Stimmung machen wird, ist nicht klar. Seit einiger Zeit verfolgt er das Ziel, die Linke überflüssig zu machen. Spektakulär war ein Doppelinterview mit Gabriel und Linken-Fraktionsvize Dietmar Bartsch vor zwei Jahren im „Stern“. „Kommt zu uns, Genossen“, warb der SPD-Chef auch um frühere SED-Mitglieder. Bartsch nannte er ein „politisches Ausnahmetalent“. Auch der damalige Vorsitzende Klaus Ernst habe sich, so Gabriel, nur „in die Linkspartei verirrt“.

Bisher gilt: Entschieden sich Linke zum Wechsel in die SPD, machten sie dort keine Karriere. So ging es Angela Marquardt, früher PDS-Vize. Sie ist zwar Mitarbeiterin von Generalsekretärin Andrea Nahles geworden. Bei der Wahl zur Chefin der Forums DL 21, in dem sich die Parteilinke vernetzt hat, aber unterlag sie. Und als ein Nachfolger gesucht wurde für Wolfgang Thierse als Direktkandidat im Bundestagswahlkreis Pankow, machten die neuen Genossen Marquardt klar, sie solle es erst gar nicht versuchen.

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