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Ehrung für eine bedeutende Publizistin. Die BVV von Mitte muss darüber entscheiden, ob die Grünfläche im Bereich der Spittelkolonnaden nach Gräfin Dönhoff (1909 bis 2002) benannt werden soll. Dazu gibt es einen Antrag des Kulturausschusses des Bezirks. Die Anwohner sind nicht alle dafür.

© Doris Spiekermann-Klaas

Mitte: Ein Platz für Gräfin Dönhoff

In Mitte soll eine Grünfläche an den Spittelkolonnaden nach der langjährigen „Zeit“-Herausgeberin benannt werden. Der Platz hieß mehr als zwei Jahrhunderte lang bis 1946 Dönhoffplatz - damals nach Alexander Graf von Dönhoff.

Bekommt Berlin-Mitte seinen Dönhoffplatz zurück? Der Ausschuss für Bildung und Kultur der Bezirksverordnetenversammlung hat jetzt in einem Dringlichkeitsantrag vorgeschlagen, die Grünfläche des Flurstücks 235 an der Leipziger Straße im Bereich der Spittelkolonnaden zwischen den Häusern Leipziger Straße 46/47 und 48/49 „Marion-Gräfin-Dönhoff-Platz“ zu nennen. Begründung: Der Platz zwischen Jerusalemer- und Kommandantenstraße hieß mehr als zwei Jahrhunderte lang bis 1946 Dönhoffplatz. Alexander Graf von Dönhoff als Namensgeber war 1734 von König Friedrich Wilhelm mit der Bebauung des Platzes, an dem er auch wohnte, beauftragt worden. Die Dönhoffs waren ein altes Adelsgeschlecht mit Ländereien in Ostpreußen.

Der Platz wird von den Hochhäusern an der Leipziger Straße flankiert. Aus dem Haus Nr. 46, von der Interessengemeinschaft Leipziger Straße/Krausenstraße, kam die Initiative für einen Dönhoffplatz. „Die Unterzeichner wollen keine direkte Wiederbenennung des Platzes erreichen, sondern eine Ehrung für Marion Gräfin Dönhoff, die langjährige Herausgeberin der Wochenzeitung ,Die Zeit‘ bewirken. Sie sei zwar Namensträgerin des Adelsgeschlechts, war gleichzeitig jedoch eine der engagiertesten Frauenrechtlerinnen in Deutschland“, heißt es im Entwurf des Dringlichkeitsantrags. Durch ihr Auftreten und ihre Veröffentlichungen habe sie sich großen Respekt erworben. Sie setzte sich mit Nachdruck für die Aussöhnung mit den osteuropäischen Nachbarn ein. Der Platz und die Häuser wurden im Krieg zerstört. Hier befand sich eine Postmeilensäule, die die Entfernungen nach Magdeburg und Potsdam anzeigte – eine Nachbildung des Obelisken steht heute in den Spittelkolonnaden nahe dem früheren Dönhoffplatz.

Gegen eine Benennung nach Dönhoff spricht sich allerdings die Initiative „Stadtteilaktiv Spittelkolonnaden“ in der Leipziger Straße 47 aus. Er sei im Wohngebiet offensichtlich nicht mehrheitsfähig. „Der Park an den Spittelkolonnaden ist durch das schöne Bauwerk mit der Meilensäule geprägt. Die Kolonnaden geben auch dem ,Club Spittelkolonnaden‘, unserem gesellschaftlichen Zentrum, seinen Namen. Wir sollten den ehrenwerten Namen der Gräfin Dönhoff mit weiterem Streit nicht noch beschädigen, zumal zu ihrer Person kein Bezug zu dieser Gegend besteht.“ So steht es in einem Brief an den SPD-Bezirksverordneten Volker Hobrack als Leiter der Arbeitsgruppe Straßennamen im Kulturausschuss der BVV. Hobrack, der auch die Gedenktafelkommission von Mitte leitet, erläutert, wie es weitergeht: „Wir laden beide Gruppierungen im Mai in den Ausschuss und führen mit ihnen einen Dialog. Ich glaube, dass sich danach die BVV mit dem Namen befasst – und hier gibt es aus allen vier Fraktionen positive Signale.“ Die Marion-Dönhoff-Stiftung hat einem Dönhoff-Platz zugestimmt. Volker Hobrack möchte zudem auf einer Tafel mit dem Konterfei der Gräfin, die zwischen 1909 und 2002 lebte und zu deren 100. Geburtstag eine 10-Euro-Münze geprägt wurde, an ihre Verdienste erinnern. Gerade hat er an der Budapester Straße eine Tafel enthüllt, auf der an das Hotel „Eden“ erinnert wird. Das stand gegenüber dem Zoo-Eingang, hier war die letzte Station von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Hobracks nächster Plan: Er möchte die Schlossfreiheit neben dem Schlossplatz wieder kenntlich machen und auch den alten Straßennamen „An der Stechbahn“ (parallel zum Spreekanal) zurückholen. Ein vergleichsweise harmloses Unterfangen gegenüber einer anderen Idee: Aus der nach einem Generaloberst benannten Einemstraße soll die Karl-Heinrich-Ulrichs-Straße werden. Die Umbenennung war von der Arbeitsgemeinschaft Schwuler Juristen vorgeschlagen worden. Ulrichs war ein deutscher Vorkämpfer der Homosexuellenbewegung.

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