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Geisterbahnhof. Theoretisch ist der künftige Flughafen Berlin-Brandenburg schon länger ans Bahnnetz angebunden. Praktisch nicht.

© Pleul, dpa

Flughafen Berlin-Brandenburg: Strenge BER-Auflagen? Woanders sind die Standard

Forderungen zum Brandschutz zwischen Terminal und Bahnhof haben den BER offenbar überrascht. Dabei gehören solche Auflagen bei anderen Flughäfen zum Standard, wie unsere Umfrage zeigt.

Kann der neue Flughafen BER nicht termingerecht eröffnet werden, weil es zwischen Terminal und unterirdischem Bahnhof keinen regelrechten Brand- und Rauchschutz gibt? Kamen die Anforderung und die Maßgaben des Eisenbahnbundesamtes wirklich überraschend, oder ist das wieder mal ein typisches Berliner Drama? Wie läuft das auf anderen deutschen Flughäfen? Der Tagesspiegel hat das recherchiert – auf den acht großen deutschen Verkehrsflughäfen. Um eines vorwegzunehmen: Nirgendwo hat die Frage nach Brand- und Rauchschutzmaßnahmen zwischen Bahnanschluss und Terminal jemanden überrascht.

Immer mehr deutsche Flughäfen sind inzwischen an den Bahnverkehr so angebunden, wie es auf dem BER sein wird, wenn dort endlich mal alles funktioniert: Bahnsteig unter dem Terminal oder in dessen oder deren unmittelbarer Nähe, mit der Rolltreppe zum Check-in-Schalter. Nur drei deutsche Verkehrsflughäfen haben eine andere Nahverkehrsinfrastruktur. Berlin-Tegel war, eine echte Kuriosität, noch nie an die Schiene angebunden. Schönefeld-alt ist über die S-Bahn erreichbar, wenn man ein paar hundert Meter zu Fuß geht. Und Frankfurt/Main hat einen den Terminals vorgelagerten Stadt- und Fernbahnhof, der über eine Passage mit dem Flughafen verbunden ist.

HAMBURG

In Hamburg fährt die S-Bahnlinie 1 zur Station Hamburg-Airport. Die liegt unterhalb der Terminals, von den Bahnsteigen führen Rolltreppen und Aufzüge direkt zu den Schaltern der Airlines. Weil die Bahn dicht getaktet fährt, kommen in Hamburg ein Drittel der Passagiere mit der Bahn. Das ist deutscher Rekord. Flughafensprecherin Stefanie Harder verweist, nach der Brandsicherheit befragt, auf die Hamburgische Bauverordnung. Die schreibt eine baulich-technische Brandabschnittstrennung zwischen Terminals und Bahnsteigen vor. Die wird durch Brandschutzschiebetore gewährleistet, die per Handtaster oder automatisch durch Rauchmelder gesteuert zufahren.

HANNOVER

Ähnlich ist die Situation in Hannover. Die S-Bahnlinie S 5 führt direkt in das Terminal C, über Rolltreppen und Aufzüge kommen die Passagiere zum Abflugbereich. Zwischen den Rolltreppen und dem Terminal wurde eine luftdichte Verglasung verbaut. Die Drehtrommeltüren in der Verglasung seien, so Ralf Wilke, der Leiter „Vorbeugender Brandschutz“ des Flughafens, mit dicht schließenden Bürsten ausgerüstet. Wie Entrauchungsspezialisten auf Anfrage des Tagesspiegels erklärten, können solche Bürstenabschlüsse tatsächlich Rußpartikel abhalten. Der S-Bahnhof selbst, so Ralf Wilke, verfügt über eine eigene Entrauchungsanlage. Für die Aufzüge unterstelle man Rauchdichtheit – was eigentlich impliziert, dass man es nicht weiß.

DÜSSELDORF

Dass man beim Düsseldorfer Flughafen ganz besonders auf Brandsicherheit achten würde, erklärt sich aus einem tragischen Unglück. Am 11. April 1996 starben nach einem Brand in der Ankunftsebene des Terminals A 17 Menschen, 88 weitere wurden verletzt. Ausgelöst wurde der Brand durch Schweißarbeiten, über die die Flughafenfeuerwehr entgegen den Vorschriften nicht vorab informiert worden war. Daher gab es auch keine Brandwache. Der zu spät entdeckte Schwelbrand setzte Styroporplatten in Brand und breitete sich explosionsartig aus. Der Sachschaden wurde auf fast eine Milliarde Mark geschätzt. In der Folge der Düsseldorfer Katastrophe wurden die Bau- und Feuerschutzvorschriften für Flughäfen deutlich verschärft. Es überrascht daher nicht, dass auf die Anfrage des Tagesspiegels zum Brandschutz zwischen Bahnhof und Terminal der Redaktion von Flughafensprecher Thomas Kötter ein ganzes Brandschutzkonzept übermittelt wurde. In ihm heißt es unter anderem, dass für den Gebäudeausbau und alle fest installierten Einrichtungsgegenstände nur nicht brennbare Materialien zugelassen wurden. Der Flughafen hat mehr als 14 000 Rauch- und Wärmemelder installiert. Auch in Düsseldorf liegt der S-Bahnhof direkt unter dem Terminal C. Der Bahnhof sei, so Kötter, durch eine Rampe und eine Feuerschutz-Rauchschutz-Tür vom Untergeschoss des Terminals abgetrennt. Der Fernbahnhof hingegen ist nicht direkt mit dem Terminal verbunden, sondern nur über den Skytrain erreichbar.

KÖLN/BONN

Den Flughafen Köln/Bonn kann man mit dem ICE, mit Regionalzügen und der S-Bahn erreichen. Die Gleise des 2004 eröffneten Bahnhofs verlaufen 18 Meter unter der Erde, die Bahnsteige liegen unterhalb eines eigenen Gebäudes, es gibt also keine direkte Verbindung zwischen dem Bahnhof und den Terminals. Alexander Weise von der Flughafenpressestelle wies darauf hin, dass auch die Rolltreppen von den Bahnsteigen nicht direkt in den Check-in-Bereich führen und dass es für das Verbindungsbauwerk zum Terminal spezielle Rauch- und Feuerschutzmaßnahmen gibt.

HALLE/LEIPZIG

Beim nach der Wende erbauten Flughafen Halle/Leipzig wurde die Bahnstrecke in unmittelbare Nähe des Terminalbereichs geführt, die Bahnsteige sind offen und nur in einem kleinen Segment vom Check-in-Gebäude überdacht. An den Aufzugsanlagen vom Bahnsteig in das Terminalgebäude wurden meldergesteuerte Rauchschutzvorhänge installiert. Durch die offene Bauweise der Bahnanlagen könne es keine wechselseitige Gefährdung zwischen Bahn- und Flugbereich durch Brände oder Rauch geben, erläutert Uwe Schuhart, Leiter der Unternehmenskommunikation.

MÜNCHEN

Der Flughafen München ist der sich am dynamischsten entwickelnde Flughafen Deutschlands, gerade wurde nach einer aus Berliner Sicht Neid erweckenden Bauzeit von vier Jahren ein neues Terminal östlich des Terminal 1 dem Verkehr übergeben. Der unterirdische S-Bahnbereich liegt unter dem Airportcenter, dem früheren Zentralgebäude. Wer selber einmal auf der Homepage des Flughafens in die komplizierten Pläne schauen will: Dort wird der Bahnbereich unter der Abkürzung „uPva“ geführt – das steht für „unterirdische Personenverkehrsanlage“. Bahnsteige und Zentralgebäude sind voneinander unabhängige Bauwerke, das Terminal 1 (unter anderem Air Berlin) ist vom Bahnhof räumlich weit entfernt. Die Treppen östlich und westlich der Bahnsteige sind mit rauchdichten Türen ausgerüstet, die sich automatisch schließen, wenn die Rauchmelder anschlagen. Der S-Bahnhof selbst verfügt über drei voneinander unabhängige Entrauchungsanlagen, die Rolltreppen sind durch eine als Einhausung bezeichnete Schürze aus Stahl und Glas rauchdicht abgeschirmt, erklärt Flughafensprecher Ingo Anspach.

STUTTGART

Der Flughafen Stuttgart ist schon seit Jahrzehnten an das S-Bahnnetz angeschlossen, der S-Bahnhof liegt unterhalb des Terminals 1. Treppen, Rolltreppen und Fahrstühle führen von einer Zwischenebene in den Check-in-Bereich. Unter Hinweis auf eine anstehende Großveranstaltung auf dem benachbarten Messegelände sah sich die Pressestelle bis Freitagabend nicht zu den kurzfristig erbetenen Auskünften in der Lage.

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