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Jubiläum: Wie der Spargel zur Währung wurde

Vor 150 Jahren wurde in Beelitz der erste Spargel angebaut. Nach dem Bau der Mauer ruhte die Tradition – bis 1991.

Beelitz - An das erste Spargelfest nach der Wende kann sich Manfred Schmidt noch lebhaft erinnern: „Wir hatten nur 200 Kilo zu verkaufen – und die waren innerhalb weniger Minuten weg.“ Es war Juni 1991, und viele ehemalige West-Berliner erkundeten das Umland. So mancher war darunter, der sich noch erinnern konnte, dass die Gegend um Beelitz berühmt für die weißen Stangen war. „Jeder wollte wissen: Wo gibt es denn nun euren Spargel“, so Schmidt. Die Beelitzer, die zu DDR-Zeiten nur ein paar Reihen im eigenen Garten angebaut hatten, konnten den Bedarf nicht einmal ansatzweise decken. So sind sind es eigentlich zwei Jubiläen, die Beelitz in diesem Jahr zu feiern hat: Den ersten feldmäßigen Spargelanbau vor 150 Jahren – und die Renaissance nach der Wiedervereinigung. An der hat Schmidt einen großen Anteil: Der 62-Jährige, den Beelitzer nur als „Spargel-Schmidt“ kennen, stammt aus einer Bauernfamilie und hat als Vorsitzender des Spargelvereins die Wiederbelebung der Tradition koordiniert. In seinem Elternhaus am Rand des Beelitzer Ortsteils Schlunkendorf betreut er das Museum, das sich allein um das „Weiße Gold“ dreht. Schmidt, der als Agrarwissenschaftler zu DDR-Zeiten an der Humboldt-Universität gelehrt und geforscht hat, ist zwar seit zwei Jahren Rentner, doch noch immer importiert und entwickelt er neue Spargelsorten. Seine Leidenschaft für das Gemüse geht so weit, dass er das Haus seiner Eltern am Kietz 36 dem Spargelverein überschrieben hat. Seine Großeltern haben ihm viel über die Anfänge des Spargelbaus in der Region berichten können – Informationen, die er heute weitergibt. So erfährt der Besucher, dass früher die Händler in die Dörfer kamen und das Gemüse direkt ankauften, oder dass 1908 die erste Absatzgenossenschaft gegründet wurde, um Preisdumping vorzubeugen.

Der Einsatz von Erntehelfern ist grundlegend für die Spargelproduktion – heute kommen tausende Saisonarbeiter aus Osteuropa nach Beelitz. Zu DDR-Zeiten hatte es die nicht gegeben, weshalb der Anbau zurückging. Weitere Gründe für den Schwund waren war die Zwangskollektivierung in der Landwirtschaft Anfang der 1960er und die Flucht vieler Bauern in den Westen. Mit dem Mauerbau endete die Spargelbau-Tradition dann. Umso wertvoller waren die wenigen Stangen, die man sich im eigenen Garten zog: „Es war wie eine zweite Währung“, erzählt Schmidt. Brauchte man ein Ersatzteil für den Traktor, wurde mitunter mit Spargel bezahlt. Durch den Verkauf unter der Hand ließ sich mehr Geld einnehmen als im regulären Job. Den Wert eines Trabis habe er pro Jahr verdient, verrät er.

Nach der Wende lebte der Spargelanbau wieder auf – und mit ihm kamen die Investoren. Der Spargelverein musste sogar mit einem ein Konsortium ausländischer Firmen um den Namen „Beelitzer Spargel“ ringen. Entspannter war die Kooperation mit Zuzüglern aus den alten Bundesländern. „Wir hatten die Erfahrung und den Namen, sie die Technik und die Sorten“, erinnert sich Schmidt an den Beginn der Zusammenarbeit im Spargelverein. „Pflanzmaschinen kannte hier niemand – die Bauern staunten, als sei ein Ufo auf dem Acker gelandet.“ 16 Mitgliedsbetriebe hat der Spargelverein heute, und eine jährlich gewählte Spargelkönigin gibt es auch. Schmidt: „Die Geschichte des Spargels ist bei uns wie ein Märchen verlaufen. Und dazu gehört nun mal auch eine Königin.“ Das Spargelmuseum in Beelitz, Ortsteil Schlunkendorf, Kietz 36, startet am 1. April in die Saison mit täglichen Öffnungszeiten von 10 bis 16 Uhr. Bis dahin ist die Besichtigung nach Anmeldung möglich: (03 32 04) 42 112. Das Spargelfest ist vom 3. bis 5. Juni.

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