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Fichte-Bunker

© Kitty Kleist-Heinrich

Kreuzberg: Schöner Wohnen auf dem Fichte-Bunker

Die Bauarbeiten für Kreuzberger Luxushäuser haben begonnen. Nicht alle freut das. Eine Anwohnerinitiative klagt gegen den Lärm

Am Fichtebunker in Kreuzberg hat das Hämmern und Rattern begonnen. Arbeiter reißen die massiven Eingangsvorbauten rund um den 1876 erbauten einstigen Gasometer ab und entfernen aus dem Inneren Asbest. Unüberhörbar läuft ein umstrittenes Projekt an: Die Speicherwerk GmbH, seit 2006 Eigentümerin des Denkmals, errichtet unter der Kuppel der alten Industriearchitektur von Johann Wilhelm Schwedler 13 wie Perlen an eine Kette gereihte Luxushäuser mit Premiumblick. Neben dem Bunker entsteht außerdem ein Neubau mit zwölf Wohnungen. Die „Initiative Fichtebunker“ stemmte sich erst vehement gegen den Umbau und klagt jetzt über den Lärm.

Darüber ärgern sich nicht nur die Aktivisten: „Manchmal bebt das ganze Haus, und alles klirrt“, sagt Marianne Friedrich, die neben dem Bunker wohnt. Der Umbau geht der 59-Jährigen gehörig gegen den Strich. Dagegen aufzubegehren liegt ihr aber fern. „Das Geld hat überall das Sagen“, meint die radaugeplagte Anwohnerin. „Das kann man nicht ändern.“ Wäre es nach ihr gegangen, hätten die roten und ockernen Klinker am Rundbau noch viele weitere Jahre vor sich hin modern können. Doch die Bäume an der Fichtestraße, die den Bunker vor Blicken schützten, sind längst abgeholzt. Die Entlüftungsanlage auf dem Dach wurde bereits im Dezember entfernt.

Im Herbst seien die „Circlehouses“ auf dem Bunker bezugsfertig, sagt Architekt Paul Ingenbleek und einer von drei Speicherwerk-Geschäftsführer. Für das frei stehende „Lofthouse“ peilen die Investoren, die sich alles zusammen rund zwölf Millionen Euro kosten lassen, einen Baubeginn im April an. Voraussichtlich im Frühjahr 2009 können die ersten Käufer einziehen.

Es tut sich also etwas am ehemaligen Gasbehälter, der im Zweiten Weltkrieg als Schutzraum, später als Obdach für Heimkehrer und bis 1990 als städtisches Vorratslager etwa für Apfelmuskonserven diente. In der Fichtestraße hingegen steht die Zeit seit Monaten still: Von den Balkonen hängen immer noch Transparente mit Aufschriften wie „Keene Klunker uffm Bunker“ oder „Bleibt uns aus der Sonne“. Wie ein langsam verglühendes Fanal steht am Straßenrand ein Anhänger mit Plakaten, mit denen die Initiative gegen das Vorhaben zu Felde zog.

Im Vorjahr kämpften noch 50 Bürger gegen eine Umnutzung des von Zwangsarbeitern ausgebauten Mahnmals, und gegen reiche neue Nachbarn, die ein „gewachsenes Milieu“ gefährdeten. Im Internetforum der Initiative pfefferten die Teilnehmer heftige Breitseiten ab. „Klassenkampfmentalität“ kreidete einer den Aktivisten an, „Denunziation des Milieuschutz-Anliegens“ schallte es zurück.

Seit am Umbau nicht mehr zu rütteln ist, schrumpfte die Zahl der Aktivisten auf etwa 15. Auch die Ziele sind bescheidenener geworden: Jetzt geht es um den Kampf gegen Lärm. Der an der ebenfalls betroffenen Körtestraße lebende Gerhard Drexel äußert sich moderat: „Wir möchten kein Öl ins Feuer gießen.“ In Gesprächen mit der Senatsumweltverwaltung habe die Initiative immerhin einige Verbesserungen durchsetzen können.

Ein Wall aus Strohballen dämpft jetzt das schlimmste Getöse. Außerdem dürfen die Bagger und Schlagbohrer nur noch zu bestimmten Tageszeiten lärmen: nach Angaben der Senatsverwaltung momentan von acht bis 14 Uhr. Zwischenzeitlich waren nur zweieinhalb Stunden am Tag genehmigt. Zumindest in der Kindertagesstätte an der Körtestraße leidet der Betrieb nicht. Dank schalldichter Fenster hört man drinnen kaum Baulärm. „Die Kinder hier sind lauter“, sagt Hortbetreuerin Monika Rosner. Und wie auf Kommando schreit die Rasselbande los.

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