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Aktion bei der Übergabe der Unterschriften des Mietenvolksentscheids am 1.Juni.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Mietenvolksentscheid in Berlin: Senat und Aktivisten nähern sich an

Der Mietenvolksentscheid ängstigt den Senat. Der nähert sich den Aktivisten an, die wollen nun in ihren Gesetzentwurf noch einmal selbstkritsch prüfen.

Den Warnschuss haben sie deutlich vernommen, in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung: Fast 50 000 Berliner wollen eine neue Wohnungspolitik und unterschrieben deshalb die Forderungen des Mietenvolksentscheids. Der rollt nun mit Macht auf die Stadt zu und würde, wenn das Volk für den Gesetzentwurf der Initiative votiert, den Haushalt ordentlich umkrempeln.

Umarmen und umgarnen lautet nun die Parole des Senats – und bloß nicht die Fehler der krachenden Niederlage gegen die Aktivisten vom Tempelhofer Feld wiederholen: Bausenator Andreas Geisel (SPD) sagt, er verfolge ähnliche Ziele wie die Mietenaktivisten und schickte nun seine schärfste Waffe zu vertrauensbildenden Gesprächen in den Kreuzberger Kiez.

Staatssekretär und Aktivisten verhandeln vorsichtig

Das ist sein Staatssekretär Engelbert Lütke Daldrup. Ein Mann, der Akten frisst und Berlin aus der Nähe und der Distanz gleichermaßen kennt. Nach der Wende war er schon mal in der Verwaltung tätig. Er weiß vom damals schon knappen Wohnraum und vom teuren Versuch, dem mit Sozialbau-Programmen beizukommen. „Wir haben zweieinhalb Stunden sehr vernünftig miteinander geredet“, sagt Lütke Daldrup am Dienstag über das Treffen. Die für seine Verhältnisse fast schon beschwingte Äußerung soll heißen, das Gespräch geht weiter – über den Inhalt sei Stillschweigen vereinbart.

„So weit in Ordnung“ sei der Abend verlaufen, sagt Rouzbeh Taheri vom Mietenvolksentscheid. Lütke Daldrup habe auf kritische Punkte im Gesetzesentwurf hingewiesen. Diese würden nun diskutiert. So wie auch die Hinweise „von Verbänden und Mietrechtsanwälten“, die die Initiative zuvor eingesammelt hatte. Einiges fließe in das Gesetz, und Taheri vergleicht das Verfahren mit Anhörungen von Gesetzesentwürfen der Regierung.

Bauverwaltung kontert mit inhaltlicher Kritik

Hatte die Bauverwaltung vor Wochen voll auf den Schock der These gesetzt, das Gesetz verursache Kosten von 3,3 Milliarden Euro, geht sie nun ins Detail vermeintlicher Fehler und Irrtümer desselben. Punkt eins: Profitieren würden Vermieter und Eigentümer von Sozialbauten, denn wo die Förderung ausgelaufen ist, solle sie wieder eingeführt werden. Punkt zwei: Die Umwandlung landeseigener Firmen in öffentliche Anstalten hemme Neubau durch Umstrukturierung und Mietermitsprache. Punkt drei: Deren günstige Mietwohnungen (im Durchschnitt unter Mietspiegel) fielen aus dem Mietspiegel heraus, was diesen noch schneller steigen lasse. Punkt vier: Nur die kleine Gruppe der Mieter von Sozialbauten ohne Anschlussfinanzierung profitiere. Punkt fünf: Geplant sei der „Zwangsankauf“ von Sozialbauten zu jedem Preis.

Reden hilft, wenn zugehört wird

Da lese jemand den Gesetzentwurf nicht richtig, entgegnet Taheri. Nirgendwo stehe, dass die Mieten landeseigener Firmen gebunden werden, deshalb fielen sie auch nicht aus dem Mietspiegel. Dass für den Senat Mietermitbestimmung ein „Schreckensgespenst“ sei, erinnere an den Widerstand gegen die betriebliche Mitbestimmung in den 1970ern. Und natürlich bräuchten vor allem Mieter von Sozialwohnungen Hilfe, deren Förderung der Senat kappte, „weil die völlig schutzlos massiven Mieterhöhungen ausgesetzt werden“. Ohnehin sehe das Gesetz nur einkommensabhängige Förderung vor: Am meisten bekomme, wer besonders wenig habe. Das mit dem Zwangsankauf von Sozialbauten sei längst korrigiert: „Maximal zum Verkehrswert“ werde bezahlt.

Reden hilft eben immer, jedenfalls jenen, die zu Korrekturen fähig sind.

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