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Hü und hott am Flughafen. Bislang gibt es nur Zaungäste am BER. Foto: dpa/Marc Tirl

© picture alliance / ZB

Berlin: Nur fliegen wär’ schöner

Vorfahrt verwaist, Hotel eingemottet: Der neue Flughafen liegt im Dämmerschlaf. Geöffnet ist dafür das Besucherzentrum – aber das macht nicht gerade Lust auf den BER.

Die Haltestelle dürfte zu den einsamsten im gesamten Busnetz Berlins und seines Umlandes gehören. Wäre alles glatt gegangen, dann gäbe es hier schon seit einem Jahr ununterbrochen Trubel, vielleicht sogar Drängelei und Hektik. In der Nacht zum 3. Juni hätte der Flugbetrieb von Tegel und Schönefeld-alt zum BER umziehen sollen, am nächsten Morgen wäre der neue Airport in Betrieb genommen worden. Heute fahren die meisten Busse ohne Stopp vorbei, weil niemand ein- oder aussteigt. Wer es dennoch macht, findet sich an einem Ort der Stille wieder: der Baustelle des künftigen Großflughafens.

Nur selten fährt ein Auto über die übermäßig breit wirkenden Straßen. Wegweiser lenken zu den Abflugs- und Ankunftsplätzen des Terminals, wenn nicht Verkehrszeichen und Absperrgitter ein Abbiegen verhindern würden. Das Auto eines Wachdienstes dreht einsam seine Runden. Ab und zu lassen sich sogar einige Menschen ausmachen. Sie tragen gelbe Warnwesten und halten Papiere in den Händen. Damit verschwinden sie im eingezäunten Abfertigungsgebäude.

Der Spaziergänger könnte sich auf einsame und extra lange Bänke setzen, sich ins Gras neben den leeren Parkplätzen legen oder doch erst einmal den Schildern ins Besucherzentrum folgen. Doch das verdient immer noch nicht seinen Namen. In einem einzigen Raum stehen sieben Aufsteller mit Informationen über einen funktionierenden Flughafen. Filme zeigen die riesige Gepäckabfertigungsanlage oder die Suche des Zolls nach Tieren, deren Einfuhr aus Artenschutzgründen untersagt ist. Es gibt zwar etwas zu sehen, aber nichts zu hören: Alle Filme werden nach dem Berühren des Bildschirms ohne Ton abgespielt. Die Mitarbeiterin am Tresen hebt auf die entsprechende Frage die Schultern. „Die sind alle ohne Ton“, sagt sie. Dabei hatten die Ausstellungsmacher einst Kopfhörer vorgesehen, wie zur Eröffnung des Besucherzentrums angekündigt.

Aber es verirrt sich ohnehin kaum jemand in den schmucklosen Raum. So fallen auch veraltete Tourismuszahlen für Berlin und Brandenburg nicht weiter auf. Sie stammen alle aus dem Jahre 2011. Niemanden scheint das zu kümmern. Auch das ausliegende Informationsmaterial wirkt lieblos ausgewählt. Ein großer Stapel besteht aus der „Pressemitteilung“ der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH vom 8. Mai 2013. „Finanzgeschäftsführerin bestellt“, lautet die Überschrift über den Eintritt von Heike Fölster in die Geschäftsführung. Andere Informationen gibt es nicht.

Eine gewisse Komik entwickelt das Faltblatt übers „Bienenmonitoring“ am Flughafen, auf dem zwar nicht der Verkehr, aber offensichtlich die Insektenwelt brummt. Dabei seien bei den untersuchten Bienenprodukten keine Schadstoffbelastungen festgestellt worden. Dann heißt es aber: „Im Frühsommer 2012 und im Sommer, nach Inbetriebnahme des Flughafens Berlin-Brandenburg, wird das Bienenmonitoring fortgesetzt.“

Auch andere Hinweise halten nicht das, was sie versprechen. So deutet der Schriftzug „Steigenberger“ auf das große Hotel neben dem Terminal hin, das aber noch keinen einzigen Gast begrüßt hat. Beim Blick durch die Fenster im Erdgeschoss lassen sich nur Barhocker unter einer Schutzhülle erkennen.

Die Automaten im Parkhaus sind auch noch nie benutzt worden. Sie wurden offenbar am 11. Oktober 2012 in den Ruhestand versetzt, wie die Anzeige auf dem Display erahnen lässt. Darunter steht der Hinweis: „Keine Bankkarten, z. Zt. nur Parktickets“. Fragt sich nur, wie lange „zur Zeit“ noch noch dauert.

Zum Glück gibt es auch ein nützliches Schild. „Flughafen Schönefeld“ lautet die Aufschrift an der Straße am Terminal. Es könnte ja sein, dass sich irgendein Fremder hierher verirrt und dann vergeblich nach Flugzeugen am BER Ausschau hält. Nach gut fünf Kilometern wäre er dann am Ziel. Am alten Flughafen versteht sich.

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