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Die Wanderausstellung «Die Wölfe sind zurück?» soll über die Gefahr von Fremdenfeindlichkeit, Hass und Rechtsextremismus aufklären.

© dpa

Politische Kunst in Berlin: Wölfe vor dem Bahnhof, Müllmenschen in der Grube

Gleich zwei besondere Installationen sind derzeit in der Berliner Innenstadt zu bestaunen. Eine thematisiert den Erfolg rechtspopulistischer Hetzer - die andere ist nur ein paar Tage zu sehen.

„Wölfe bitte nicht füttern!“, steht auf einem großen gelben Schild – aber nicht etwa im Zoo oder Tierpark, sondern auf dem Washingtonplatz in Mitte. Und so handelt es sich bei den 66 Exemplaren, die sich vor dem Hauptbahnhof tummeln, auch nicht um die Natursensation des Jahres – sondern um ein politisches Statement des Künstlers Rainer Opolka. Er will mit seinen Skulpturen unter dem Motto „Die Wölfe sind zurück?“ auf eine ganz andere, rechte Spezies in der politischen Landschaft aufmerksam machen. Gegenüber AfD und Rechtsextremen dürfe es keine Gleichgültigkeit geben, sagte Opolka bei der Ausstellungseröffnung am Freitagabend.

Auch Polit-Prominenz war gekommen, darunter Berlins Bevollmächtigte beim Bund, Hella Dunger-Löper, die Vorsitzende des DGB Berlin-Brandenburg, Doro Zinke, und Lea Rosh, bekannt für ihren Einsatz für das Holocaust-Mahnmal. Der Storkower Künstler

Opolka sagte, er wünsche sich mehr Diskussionen, um so „das Gemeinwesen demokratischer zu gestalten“.

Wölfe? Menschen? Irgendwas dazwischen.
Wölfe? Menschen? Irgendwas dazwischen.

© dpa

Opolka wird an jedem Tag der kostenlosen Wanderausstellung vor Ort sein, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Am Freitagvormittag stehen die „Tiere“ bereits im breiten Rudel auf dem Vorplatz des Bahnhofs – in symbolträchtiger Nähe zum Reichstagsgebäude. Zu ihnen haben sich bereits zahlreiche Schaulustige gesellt, die sich mit den dunklen Gestalten fotografieren. Eine bizarre Szenerie, angesichts der mit offenen Mündern und wie im Sprung auf ein unsichtbares Opfer dargestellten Wolfsmenschen. Mitunter sind sie auch aufrecht mit gezogener Pistole oder gestrecktem rechten Vorderlauf vor einem goldfarbenen „Rudelführer“ dargestellt. Auf Hinweisschildern heißt es mit nicht zu verkennender Ironie „Wir sind harmlos“ und „Wir schießen ja auch nicht auf Sie“.

Besucher können selbst Teil der Ausstellung werden

Rund um die bis zu zwei Meter hohen und 300 Kilo schweren, aus Metall gegossenen Skulpturen informieren Hinweisschilder über rechtsextreme Hetze im Netz. Dazu finden sich auf großen Bahnen Statements wie „Der größte Feind der Demokratie ist die Gleichgültigkeit“. Passant Gerhard Schnuppe (57) lobt die „guten Aussagen“. Sie hätten ihn zum Nachdenken angeregt. Zunächst aber hätte er angesichts der Wolfsmenschen erst einmal einen Schreck bekommen, sagt der Köpenicker. Besucher wie der 57-Jährige sollen auch selbst Teil der Ausstellung werden. 7Auf eine Tafel können sie schreiben, was gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt getan werden kann. Die Ausstellung läuft noch bis zum 16. August. Sie hatte vorher bereits in Dresden und Potsdam Station gemacht, es kamen 120 000 Besucher.

Nur dieses Wochenende sind die „Trash People“ am Schinkelplatz zu sehen. Die Wolfsmenschen am Hauptbahnhof stehen bis zum 16. August.
Nur dieses Wochenende sind die „Trash People“ am Schinkelplatz zu sehen. Die Wolfsmenschen am Hauptbahnhof stehen bis zum 16. August.

© dpa

Weniger offensichtlich wirkt die Ausstellung der „Trash People“ am Schinkelplatz. Mehrere Meter unter der Oberfläche tauchen unter den gelben Rohren einer Baugrube schemenhafte Menschen aus Müll und Bauschaum auf. Über ihnen ragt die große, ziegelrote Flanke der Friedrichswerderschen Kirche empor und lässt die Figuren wie aus der Unterwelt emporgestiegen anmuten. Stumm stehen sie in regelmäßigem Abstand über den Grund der Grube verteilt und scheinen den Betrachter doch fast anzuschreien. Dass seine Installation, die nur dieses Wochenende zu sehen ist, im Stadtbild untergehen könnte, befürchtet der Kölner Aktionskünstler HA Schult nicht.

"Die Installation hat eine unglaubliche Ausstrahlung"

„Die Trash People stehen vor der Tür des Auswärtigen Amts an einem sehr wichtigen Ort“, sagt der Künstler. Das Problem der Umweltverschmutzung gehe die ganze Welt an. Darum reist er seit 20 Jahren mit seinen „Müllmenschen“ um die Welt. Ob auf dem Roten Platz in Moskau, der Chinesischen Mauer oder den Pyramiden in Kairo, Schults Figuren sind stets ein Mahnmal gegen Umweltverschmutzung.

„Ich war überrascht, in dieser Baustelle eine Installation zu entdecken, aber ich bin sehr bewegt. Recycling ist so ein wichtiges Thema unserer Zeit“, sagt Cavan Cordeiro aus Brasilien. Auch eine andere Besucherin ist erstaunt: „Im Vorbeifahren dachte ich zunächst, das seien die Terrakottakrieger. Die Installation hat eine unglaubliche Ausstrahlung“, sagt Ellen Bonnes aus den Niederlanden.

Ein Mahnmal gegen die Umweltverschmutzung

„Meine Generation hat diese Welt zu einem Müllplaneten gemacht. Müll lebt länger als wir Menschen“, sagt Schult. Die insgesamt 1000 Figuren, von denen ein Teil nun in Berlin ist, sind seit Beginn des Projekts unverändert. Für Kenner ist dennoch ein Wandel der Skulpturen sichtbar: „Als ich die Müllmenschen das letzte Mal sah, waren sie noch viel bunter. Damals waren sie noch nicht so verrostet“, sagt Reinhard Schöpe, der die Installation gezielt angesteuert hat.

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