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In der Selbstverwaltung der niedergelassenen Kassenärzte in Berlin geht es seit 2011 um Geld für den Vorstand.

© dpa

Prämien für Ärztefunktionäre: 550.000 Euro – aber kein Tatvorsatz?

Das Landgericht Berlin eröffnet kein Verfahren gegen den Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung. Nun entscheidet die nächste Instanz über einen Untreue-Prozess.

Das Verfahren um den Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin beschäftigt bald das höchste ordentliche Gericht der Stadt. Nach Tagesspiegel-Informationen muss demnächst das Kammergericht entscheiden, ob die Anklage gegen die KV-Chefin Angelika Prehn, ihren Vize Uwe Kraffel und das Vorstandsmitglied Burkhard Bratzke zugelassen wird. Das zuständige Landgericht hatte die Eröffnung eines Hauptverfahrens wegen Untreueverdachtes abgelehnt. Auf Nachfrage sagte ein Gerichtssprecher, die Landesrichter zweifelten daran, dass den Ärztefunktionären ein Tatvorsatz nachzuweisen sei.

183.000 Euro je Vorstandsmitglied

Die Staatsanwaltschaft hält an ihrer Klage fest und hat das Kammergericht angerufen. Das Kammergericht steht über den Amtsgerichten und dem Landgericht, nur der Bundesgerichtshof ist ihm übergeordnet. Die Staatsanwaltschaft hatte die drei KV-Vorstände im März dieses Jahres wegen Untreue angeklagt. Hintergrund sind die je 183.000 Euro, die 2011 als Übergangszahlung an Prehn, Kraffel und Bratzke gingen, obwohl die drei planmäßig bis 2017 im Amt bleiben. Weil die Mehrheit der zuständigen Vertreterversammlung der KV die Zahlung abgesegnet hatte, war auch deren früherer Vorsitzender ins Visier geraten.

Zuständiges Gremium segnete Prämien ab

Dies kam den drei Angeklagten nun zugute. Denn das Landgericht argumentiert wie folgt: Die KV-Vorstände hatten vor der Zahlung der insgesamt rund 550.000 Euro einen Anwalt zurate gezogen, der die Prämie für rechtlich einwandfrei gehalten hatte. Daraufhin hatte eine Mehrheit der 40-köpfigen Vertreterversammlung die Transaktion genehmigt. In Justizkreisen heißt es folglich: Die drei Funktionäre wollten sich zwar viel Geld aus der Kasse der KV sichern, die eine öffentlich-rechtliche Organisation ist. Ob sie aber davon ausgehen mussten, dass ihnen das Geld selbst nach diesen Schritten nicht zusteht, sei zweifelhaft. Der KV-Vorstand äußerte sich am Dienstag nicht. Der in Kritik geratene Vorsitzende der Vertreterversammlung trat vor drei Monaten zurück.

Gesundheitssenator Czaja hat das Geld erfolgreich zurückverlangt

In der Vertreterversammlung stimmen Ärzte verschiedener Disziplinen über die Politik der KV ab, das Gremium gilt als Parlament der Kassenärzte. Begründet hatte die KV-Spitze die vorgezogene Auszahlung 2011 damit, dass der frühere rot-rote Senat während der ersten Amtszeit der drei KV-Chefs beschlossen hatte, dass künftig sechs Monatsgehälter nach Ende der Funktionärsarbeit für den Einstieg in die eigene Praxis reichen müssen. Diesen Abzug habe die KV für die Amtszeit von 2005 bis 2011 ausgleichen wollen. Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) wies 2012 aber an, das Geld zurückzuzahlen. Dagegen klagte der KV-Vorstand. Als der Fall beim Landessozialgericht landete, zogen die Funktionäre ihre Klage wegen mangelnder Erfolgsaussicht zurück. Damit galt Czajas Verpflichtungsbescheid weiter: Prehn, Kraffel und Bratzke überwiesen das Geld zurück auf ein Treuhandkonto.
Die KV verteilt Krankenkassengelder als Honorare an die Ärzte. Ihr müssen alle 8000 Berliner Praxisärzte angehören, die die gesetzlich Versicherten versorgen.

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