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Benjamin Scharrf und Daniel Chluba als Megafonist und Hartz-Königin die IV.

© Raja Kraus

Richtfest am Schloss: Protest und Bewunderung bei den Bürgern

Satire, Bewunderung und Unverständnis über den Neubau des Berliner Schloss. Rund um den Festakt gehen die Meinungen außeinander.

„Macht Platz für Hartz-Königin die IV.!“, ruft Benjamin Scharff durch sein Megafon. Hinter ihm schaukelt die Königin, im wahren Leben Daniel Chluba, in ihrer Sänfte. „Wir lieben das System“ – und, natürlich: „Wir lieben die Polizei!“. Doch diese verdirbt der Majestät bald den Spaß, sie muss auf ihre Trage verzichten und sich zu den angemeldeten Demonstranten von „No Humboldt 21“ begeben. „Dabei finden wir das Schloss doch toll“, empört sich Chluba. Wieso er nun ausgerechnet weiblich ist? Das sei nun mal so.

Erinnerungen aus der Nachkriegszeit

Während drumherum Berlins Prominenz eintrifft und sich zum exklusiven Richtfest begibt, bleiben die Spötter und auch viele echte Bewunderer draußen. So vor allem viele Pensionisten, die eifrig Fotos schießen und in Erinnerungen schwelgen: „Als Kind habe ich hier noch den Neptunbrunnen gesehen“, sagt einer. Und „dass die DDR damals gesprengt hat, was noch zu retten war, ist ein Skandal“. Auch Alfons Gerken ist gekommen und steht vor dem von Sicherheitsleuten gesäumten Eingang des Schlosses. „Ich bin immer mal wieder hier und auch auf anderen Baustellen“, sagt der 76-Jährige. 40 Jahre lang hat er selbst auf dem Bau gearbeitet: „Ich habe Berlin mit aufgebaut“. Dass das Schloss bald wieder im alten Glanz strahlen soll, findet er gut. Und dann ist es so weit. Gegen 13.20 Uhr thront der Richtkranz auf der Kuppel, Schaulustige zücken ihre Smartphones, einige klatschen. Vor dem blauen Himmel flattern ein paar Fähnchen am Grün im Wind.

"No Humboldt 21" gegen das Schloss

Mit dem Richtkranz werden am Lustgarten allerdings auch die Proteste lauter. Die Schloss-Gegner von „No Humboldt 21“ versammelten sich zu einem „Nichtfest“, bei dem Raubkunst, Rassismus und Kolonialismus angeprangert werden. Die Schlossgäste werden mit Gesang empfangen: „Das ist alles nur geklaut, das ist alles gar nicht eures.“ Einige schnalzen missbilligend mit der Zunge, andere gehen schnell weiter. Am Ende gibt es Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und geladenen Gästen. „Sie können doch gar nichts bewirken! Wie viele sind Sie? Drei?“ und „Was habt ihr denn geklaut?“, rufen Herren im Anzug den Aktivisten entgegen. Diese reagieren mit Rassismusvorwürfen und Hitler-Vergleichen. Die Polizei ruft Verstärkung, die Fronten werden getrennt, es bleibt friedlich.

Raja Kraus

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