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Hamburg/Berlin: Match der Metropolen

Welche Großstadt hat mehr zu bieten: Hamburg oder Berlin? Diese Frage stellte sich ein Blogger und fand heraus, dass Berlins Currywurst, Autokennzeichen und Geschlechtskrankheiten vorne liegen. Doch Hamburgs Freibäder, Schwerkraft und Hinweisschilder machen der Hauptstadt Konkurrenz.

In Städterankings liegt Hamburg meist vor Berlin; geht es um Zukunftschancen, ist es manchmal auch andersrum. Besonders aussagekräftig sind diese Vergleiche aber sowieso nicht. Weil die wirklich wichtigen Indikatoren fehlen: der Currywurst-Faktor zum Beispiel, da führt Berlin um Längen. Oder der überwältigende Anblick der großen Schiffe im Hafen, ein Pluspunkt für Hamburg. An solche Feinheiten denkt im ewigen Konkurrenzkampf der zwei Großstädte leider niemand.

Außer Sven Dietrich. Der 32-Jährige hat sich zur Aufgabe gemacht, Berlin und Hamburg in allen denkbaren und undenkbaren Kategorien zu vergleichen – und jeweils zu entscheiden, welche Stadt besser abschneidet. Die Ergebnisse veröffentlicht er regelmäßig im Internet in seinem "Hamburg vs. Berlin"-Blog.

"Berlin hat weniger Regentage, dafür mehr Syphilis
"

Dietrich wägt die Fakten ab und entscheidet dann knallhart: Berlin gewinnt in den Kategorien Saunen, Parkcafés und Stadtmagazine, hat weniger Regentage, dafür mehr Syphilis. Hamburg verfügt über das schönere Freibad, die angenehmeren Fahrscheinkontrolleure, die versierteren Scientology-Kritiker. Knapp endet der Vergleich der höchsten Berge: Der Hasselbrack im Süden Hamburgs misst 116,2 Meter über Normalnull, der Große Müggelberg hat nur 115,4. Extrapunkte gibt es für die Wortbildungsmöglichkeiten auf Berliner Nummernschildern: Machbar sind etwa Box, Boy und Bad. Mit "HH" als Kennzeichen lässt sich nicht viel anfangen.

Dietrich kennt beide Städte gut. Der Webdesigner hat lange in Berlin gelebt, vor drei Jahren zog er wegen eines Jobs nach Hamburg. Zum Glück wohnte schon seine Schwester dort, sie half ihm beim Einleben. So konnte er gleich mit klarem Blick und ohne Heimwehattacken seine Blog-Arbeit beginnen.

Dietrich scheut auch vor intensiven Recherchen nicht zurück. Mit Hilfe der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig fand er heraus, dass die Schwerkraft im nördlicher gelegenen Hamburg minimal stärker wirkt als in Berlin. Einen erkennbaren Nutzen für die Bewohner hat das nicht, aber Dietrich wertet es trotzdem als Vorteil für die Hansestadt.

Hinweisschilder, wer achtet sie mehr?

Wunderlich findet er das Faible der Hamburger für Hinweisschilder – und ihre Bereitschaft, sie zu beachten. "Dem Berliner müsste man den ‘Fahrradfahrer bitte absteigen’-Hinweis schon auf die Stirn tackern, damit er ihn überhaupt wahrnimmt", schreibt Dietrich. "Der Hanseat sieht solche Hinweise aus 100 Metern Entfernung und ändert vorausschauend seinen Weg." Lobende Worte findet der Blogger für die Berliner Streitereien um die Benennung des Großflughafens. Das sei "Berliner Lokalpolitik at it’s best", schreibt er, da wirke die Hansestadt mit ihrem "Hamburg Airport" dröge. "

Laut Dietrich drängt sich ein Vergleich der zwei Städte geradezu auf: "Beide leiden an Größenwahn, haben wunderbare Lokalpolitiker mit absonderlichen Klein- Klein-Hickhack-Geschichten." Und weiter: "Beide wollen hoch hinaus und schaffen aber nicht mal ausreichend Kindergartenplätze."

Zehn Billionen Punkte für Berlins Nachtleben

In der Gesamtrechnung führt Berlin deutlich. Aber nur, weil Sven Dietrich die Stadt in der Kategorie "Nachtleben" mit zehn Billionen zu eins gewinnen lässt – das Clubangebot sei ein Argument, eines Tages nach Berlin zurückzuziehen. An anderer Stelle vergibt Dietrich "Fantastilliarden", das Ganze sollte man also nicht zu ernst nehmen. Sondern es als Ehre für beide Städte begreifen, dass sie mit der jeweils anderen verglichen werden.

Jemand anderes sieht das offenbar genauso. Im Oktober traf Dietrich Klaus Wowereit. In einer Hamburger Buchhandlung, der Regierende war zu Gast, um aus seinem Buch vorzulesen. Diese Gelegenheit wollte sich Dietrich nicht entgehen lassen, er erzählte Wowereit von seinem Blog und bat um eine Widmung. Und was schrieb der Bürgermeister? "Hamburg und Berlin – zwei Städte mit Zukunft". So ein schöner, versöhnlicher Satz, fand Dietrich. Punkt für Berlin.

Der Vergleichs-Blog im Internet: www.pop64.de

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