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Videoüberwachung bei der BVG.

© Thilo Rückeis

Streit um Videoüberwachung in der S-Bahn: Polizeigewerkschaft will auf allen Stationen filmen

Nach mehreren Gewaltvorfällen steht die Berliner S-Bahn zunehmend in Kritik. Seit gut zehn Jahren blockieren die Mitarbeiter eine flächendeckende Videoüberwachung.

Nach den jüngsten Gewaltvorfällen bei der S-Bahn hat die Gewerkschaft der Polizei (GdP) die Videoüberwachung aller Stationen gefordert. GdP-Chef Michael Purper sagte am Freitag, dass „eine lückenlose Videoüberwachung aller S-Bahnhöfe und mehr Aufsichtspersonal“ benötigt werden. „Der Schutz von Menschen muss Vorrang vor allem haben.“ Purper forderte zudem eine sofortige und anlassunabhängige Auswertung der Bilder. Die GdP geht damit auf Konfrontationskurs mit einer anderen Gewerkschaft. Die Vertretung der Lokführer (GDL)  blockiert nämlich seit gut zehn Jahren die Aufzeichnung auf den Bahnsteigen der S-Bahn – ebenso wie der Betriebsrat des Unternehmens. Begründet wird das mit der Sorge vor Überwachung des Personals. Dieses Argument hatte selbst ein Sprecher der BVG am Donnerstag als „Unfug“ bezeichnet und betont, dass die Kameras auch für das Personal mehr Sicherheit bedeuteten.

GdP-Landeschef Purper forderte gestern Bahn und Betriebsrat dringend auf, sich zusammenzusetzen. „Hier geht es immerhin um das Leben und die Gesundheit von Menschen.“ Ein Sprecher des Bahn-Konzerns sagte lediglich, dass man mit dem Betriebsrat „spreche“. Die Chancen für eine Einigung wollte er nicht prognostizieren.  Kameras sind an vielen Bahnsteigen zur Abfertigung der Züge durch die Fahrer installiert.

Während bei der BVG alle U-Bahnhöfe und ein Großteil der Fahrzeuge mit Videoaufzeichnung ausgerüstet sind, gibt es bei der Deutschen Bahn nur wenige Kameras. Zumindest in den Zügen wird sich das bald ändern. Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember hat der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg die Bahnunternehmen zu weiteren Sicherheitsmaßnahmen verpflichtet. In den alten Verträgen gab es die Pflicht nicht, sagte eine VBB-Sprecherin. Auch in künftigen Verträgen dürften Kameras verpflichtend sein, dies sei mittlerweile „Standard“ im Nahverkehr. Allerdings könne der VBB nur in Zügen Kameras verlangen, nicht jedoch an Stationen. Im Netz der DB sind damit nur große Stationen ausgestattet wie Zoo, Hauptbahnhof, Alexanderplatz und Südkreuz. Wie viele Stationen die Bahn überwacht, will sie aus „Sicherheitsgründen“ nicht verraten.

In anderen Bundesländern hat die Politik die Kameratechnik durchgesetzt. In München wurden die Stationen der „Stammstrecke“, der am stärksten frequentierten Linie in der Innenstadt, mit Kameras ausgerüstet. Gezahlt habe dies das Land Bayern. Auch Hamburg habe die Bahn finanziell unterstützt. In Berlin habe sich der Senat noch nicht gemeldet, hieß es. In den vergangenen Jahren hat es etliche Gewalttaten in Zügen und auf Bahnsteigen gegeben, in denen die Polizei nicht auf Aufzeichnungen zurückgreifen konnte. Zwar hängen am S-Bahnhof Olympiastadion wegen der dort üblichen Veranstaltungen mit Massenandrang bereits Kameras. Allerdings geschah das jetzt bekannt gewordene versuchte Tötungsdelikt an einem behinderten Hertha-Fan offenbar außerhalb ihres Blickfeldes. Deshalb sucht die Berliner Polizei nun notgedrungen Bilder, die von Fußballfans aufgenommen worden sind – eine ungewöhnliche Bitte. Die Ermittler hoffen, dass ein Fan zufällig die Tat gefilmt hat.

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