zum Hauptinhalt
Twitter-Marathon. Unter dem Namen @PolizeiBerlin_E berichtet die Berliner Polizei live von aktuellen Einsätzen, von Freitag bis Sonnabend sogar fast im Minutentakt.

© dpa

Update

Twitter-Aktion der Polizei in Berlin: #24hPolizei: "Keine Fahndungshinweise vom Papagei"

24 Stunden lang twitterte die Berliner Polizei. Und zieht am Ende eine positive Bilanz: 1000 Tweets, Tausende neue Follower und ein beträchtlicher Image-Gewinn. Polizeichef Kandt zeigt sich begeistert von dem Experiment.

„Tschüss #24hPolizei“ - so verabschiedete sich am Samstagabend um kurz nach 19 Uhr die Berliner Polizei von einem einmaligen Experiment. 24 Stunden Dauer-Twittern, 1000 Tweets von den Einsätzen quer durch Berlin - und ein Aufmerksamkeitsschub für die Polizeiarbeit sondergleichen. Polizeipräsident Klaus Kandt zeigte sich am Abend sehr zufrieden. Die Polizei sei „begeistert von dem Erfolg“, den die Behörde so nicht erwartet habe, sagte er in der RBB-Abendschau.

Bundesweit war das Pionierprojekt von der Twitter-Leserschaft verfolgt worden. Das beste Resümee des polizeilichen 24-Stunden-Twitter-Marathons hatte ein Mann aus München schon nach einer knappen Stunde gefunden. „Danke für den Einblick in den alltäglichen Wahnsinn“, schrieb der User um 19.57 Uhr. Und das blieb bis zum Schluss die beste Beschreibung.

#Zehlendorf Ein Kind ist zu Fuß auf der AVUS unterwegs zwischen Spanischer Allee und Hüttenweg in Richtung Funkturm. #24hPolizei“ - so lautete um kurz nach 19 Uhr der vorletzte Tweet der Reihe. Und beim letzten kamen die Polizei-Twitterer, die sich in den 24 Stunden als durchaus humorvoll erwiesen hatten, auf einen öffentlich mit besonderer Anteilnahme verfolgten Fall zurück: „Es gibt noch keine konkreten Fahndungshinweise vom rotschwänzigen Graupapagei aus #Friedrichshain. #24hPolizei

Dann folgte der Hinweis: „Das Twitter Team 3 geht, aber die Notrufe und die Einsätze gehen weiter.“ Und ganz zum Schluss noch etwas Eigenwerbung in Richtung künftiger Polizisten, was von Anfang an einer der Hintergedanken der Aktion gewesen war: „Komm zu uns, sei dabei 24hPolizei und bewirb dich jetzt: http://www.berlin.de/polizei/beruf/polizist-polizistin-werden/bewerbung-einstellung/ …:“ Kandt zufolge hätten sich bereits im Verlauf der 24 Stunden mehrere Bewerber per Telefon und E-Mail bei der Polizei gemeldet.

Zudem drückten zahlreiche Twitter-Leser ihre Begeisterung über die Aktion aus: „Kann man sagen was man will. Bei Euch Jungs und Mädels isses nicht langweilig“, lautete ein Kommentar zum Ende der Aktion, „Das war großes Kino“ ein anderer. Und ein User twitterte: „Das hat mehr vermutlich mehr Bürgernähe gebracht als jede andere Aktion.“

Wer die Präsidiums-Tweets verfolgte, merkte schnell: Nicht nur Kriminelle halten die Polizei auf Trab, sondern auch Verwirrte und Betrunkene, die beruhigt oder nur geweckt werden müssen. Dutzendfach müssen Funkstreifen ausrücken, weil Alarmanlagen grundlos anschlagen. Viele banale Streitereien müssen die Beamten schlichten, einige eskalieren aber auch: "Hundesalon #Wedding. Empörung von Frauchen über Frisur ihres Hundes eskalierte zu Beleidigung, Körperverletzung und Platzverweis", twitterte es gegen 11.30 Uhr. Zwei Stunden später hieß es: "Hundebesitzerin kam nochmal zurück in den Salon! Wir wurden wieder alarmiert, aber als wir eingetroffen sind, war sie weg!"

Auch ohne diesen frisierten Hund gibt es viel tierisches dabei: "In #Mariendorf sitzt seit über einer Stunde ein Hund in einem verschlossenen Kfz in der prallen Sonne. Wir beeilen uns!", hieß es Minuten später. Besorgte Berliner hatten am Abend und in der Nacht den Notruf 110 aber auch zu ausgesetzten Hasen, sterbenden Raben, verletzten Enten und krabbelnden Ameisen gerufen.

Allerdings lag die Zahl der Tweets deutlich unter den selbst gesteckten Zielen, das Präsidium hatte zuvor von mindestens 2000 bis zu 5000 Tweets gesprochen. Nach 20 Stunden waren es gegen 15 Uhr mittags aber "erst" 800. Dafür gab es zwei Gründe: Nach Angaben von Polizeisprecher Stefan Redlich hatte man sich kurzfristig entschieden, doch nicht jeden Einsatz zu melden, um keine Langeweile aufkommen zu lassen. So werden die Funkstreifen zu unzähligen kleinen Unfällen oder zugeparkten Einfahrten gerufen. Jeden zu melden hätte "fast Spam-Charakter", sagte Redlich.

Am Nachmittag behalf sich das Twitterteam mit Sammelmeldungen: "In der letzten Stunde gab es in #Berlin 11 Unfälle mit Blechschäden und 7 Verkehrsbehinderungen durch Falschparker." Auch Einsätze, die während der Anfahrt abgebrochen werden, berücksichtige das Twitter-Team nicht. Der zweite Grund ist, dass die Zahl der Einsätze schlicht nicht mehr zu bewältigen war, am Mittag hinkte das Twitterteam eine gute Stunde der Aktualität hinterher. Zwischen 12 und 13 Uhr eingelaufene Notrufe wurden deshalb schlicht unterschlagen. Am Samstagnachmittag drehte das Twitter-Team noch einmal richtig auf, die Tweets kamen immer schneller.

Innensenator Frank Henkel (CDU) hatte den Start der Aktion in der Einsatzleitzentrale im Präsidium am Platz der Luftbrücke miterlebt. Dabei sagte er „Die Bürger gewinnen einen ungewöhnlichen und umfassenden Einblick in den Arbeitsalltag der Polizei.“ Um 19 Uhr hatte er dann die bundesweit einmalige Dauertwitterei gestartet, die Polizisten über den Internet-Kurzmeldungsdienst gegrüßt. Beim ersten Eintrag ging es um einen Streit unter Badegästen.

Die Info zur ersten Leiche innerhalb der 24-Stunden-Dokumentation gab es um 20.17 Uhr: „Kripo fährt zu toter Person in einer Wohnung Lichtenberg.“ Zuvor waren es mehrfach Kinder gewesen, die einen Einsatz auslösten. In einem Baumarkt fuhr ein Kunde einem Kind mit dem Einkaufswagen über den Fuß. In Gesundbrunnen werfen Kinder mit Wasser gefüllte Luftballons vom Balkon. Ein alleingelassener Achtjähriger sucht in Hellersdorf seine Eltern an einem Imbiss und findet sie nicht. Drei Kleinkinder klettern im Märkischen Viertel auf einem Balkon herum, dies sieht ein Nachbar. Jungs kicken gegen eine Wand, Nachbarn fühlen sich gestört.

Wie Polizeifunk abhören, nur legal

Eingestreut in die Einsatztweets sind Aufforderungen, sich zu bewerben. Denn mit dieser 24-Stunden-Aktion sucht die Polizei nicht nur Aufmerksamkeit, sondern vor allem Nachwuchs. Derzeit läuft die Bewerbungsfrist, 420 neue Auszubildende sollen im kommenden Jahr eingestellt werden. Die Aufmerksamkeit war der Aktion gewiss. In der ersten der 24 Stunden stieg die Zahl der Follower des Einsatzkanals @PolizeiBerlin_E um satte 800 auf 8000. Am Sonnabendmittag begrüßte die Polizei den 15 000 Follower, die Zahl 20 000 dürfte noch am Sonnabend geknackt werden. Der Hashtag #24hPolizei war bei Twitter am Sonnabend bundesweit die Nummer 1.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false