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Die Telekom will den Umstieg auf IP-Telefonie beschleunigen.

© dpa/picture-alliance

Umstieg auf IP-Telefonie: Telekom droht tausenden Berliner Kunden mit Kündigung

Die Telekom will alte Anschlüsse bis 2018 auf moderne Internet-Telefonie umstellen und verspricht, dass das einfach und transparent klappt. Doch manche Kunden ärgern sich über das Vorgehen. Denn wer die Neuerung nicht will, dem wird der Vertrag gekündigt.

Dass ein Dienstleister seinen stets pünktlich zahlenden Kunden von sich aus mit der Kündigung von Verträgen droht, klingt paradox. Doch genau solche Schreiben erhalten seit einiger Zeit Kunden der Telekom in Berlin, aber auch in anderen Teilen des Landes. Und wer den Brief für einen schlechten Scherz hält, muss mit persönlichem Besuch vom Großkonzern rechnen.

„Ich wollte mich mal über Ihren Anschluss unterhalten“, sagte der Mann, der bei einem Tagesspiegel-Leser an der Wohnungstür geklingelt hatte, freundlich, aber bestimmt. Der Anschluss nämlich müsse dringend modernisiert werden, und das bis Januar. Die Telekom hatte den Kunden zuvor schriftlich aufgefordert, einen neuen Vertrag abzuschließen. Wenn er dies nicht tue, werde das bestehende Kundenverhältnis gekündigt und der Anschluss stillgelegt, lautete die Ankündigung, die kein Einzelfall ist.

Hintergrund ist die Absicht der Telekom, die Anschlüsse bis Ende 2018 auf Internet-Telefonie umzustellen, das sogenannte „Voice over IP“-Verfahren, wobei die Buchstaben IP für Internet-Protokoll stehen. Der Konzern verspricht seinen Kunden davon viele Vorteile: „Im alten Telefonnetz ist ein Großteil der Leitungen und Frequenzen nur für das Telefonieren reserviert, selbst dann wenn gerade niemand sie nutzt. Im IP-Netz wird das Kabel in seiner gesamten Frequenzbreite zum Alleskönner: Je nach aktuellem Bedarf laufen darüber Internet-Daten, Telefongespräche, das Fernsehprogramm oder in Zukunft ganz viele andere Dienste, von denen wir heute noch gar keine Vorstellung haben.“

Kurzfristige Ausfälle des Internets

Allerdings zeigen die bereits umgestellten Anschlüsse eine deutlich größere Störanfälligkeit. Allein bei der Telekom betrifft das mehr als vier Millionen Kunden, manche anderen Betreiber bieten nur noch „Voice over IP“. „So wie jedem Nutzer kurzfristige Ausfälle des Internets vertraut sein dürften, muss man mit derartigen Störungen auch bei einem IP-basierten Telefonanschluss rechnen“, sagt Katja Henschler von der Verbraucherzentrale Sachsen. Kommt es tatsächlich zu einem Ausfall, funktionieren auch Hausnotrufsysteme für einige Momente nicht mehr.

Dass die Kunden zum Wechsel genötigt würden, weist Telekom-Sprecherin Stefanie Halle zurück. Für die Umstellung müsse aus rechtlichen Gründen ein neuer Vertrag abgeschlossen werden. „Es gibt keinen Zwang zum Umstieg, wir machen unseren Kunden ein gutes Angebot.“ Der „mehrstufige Prozess zum Vertragswechsel“ sei „bereits bei anderen Umstellungen erprobt“ worden und gestalte den Wechsel „für den Kunden so einfach und transparent wie möglich“.

Viereinhalb Monate Bedenkzeit

„Die Anschreiben erfolgen in mehreren Wellen“, sagt Halle. Betroffen seien nur diejenigen Geschäftspartner, „wo wir den Vertrag in der derzeitigen Form nicht fortführen können“. Dies betreffe bis 2015 maximal 300.000 Kunden auch in Berlin, denen man „ein gutes Angebot“ mache, über das viereinhalb Monate nachgedacht werden könne. Wer nicht rechtzeitig reagiere, werde „telefonisch, schriftlich, aber auch über Serviceberater im Direktvertrieb“ kontaktiert. „Die Kunden wissen es zu schätzen“, sagt die Sprecherin. „Bis auf wenige Ausnahmen gehen sie den Schritt mit uns und wechseln ins IP-Netz.“

Entgegen der häufigen Darstellung gibt es laut Spiegel nach Angaben der Bundesnetzagentur allerdings keine regulatorischen Vorgaben für die Telekom, die Umstellung in einem bestimmten Zeitraum oder überhaupt vorzunehmen. Diverse Verbraucherzentralen empfehlen, vor dem Abschluss eines Neuvertrags auch die Angebote anderer Anbieter zu prüfen.

Obendrein kommen mit der Umstellung auf die Kunden weitere Probleme zu. Denn die Anschlüsse müssen neu verkabelt werden. Viele ältere Menschen und technische Laien trauen sich diese Installation nicht zu und sind dann auf den Service der Telekom angewiesen, die sie dafür extra zur Kasse bittet. Dabei lautet die erste der fünf Leitlinien, die der Konzern auf seiner Website auflistet: „Kunden begeistern und Dinge einfacher machen.“

Ein Mann aus Berlin-Kaulsdorf bestellte das Telekom-TV-Paket „Entertain“ – und sah: nichts. Es war der Beginn einer Reklamationsgeschichte, die nach über vier Wochen immer noch nicht vorbei ist. Die ganze Geschichte lesen Sie hier.

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