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Berlins Winterdienst soll neu geregelt werden.

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Straßenreinigungsgesetz: Winterdienst: Hausbesitzer fürchten Kostenlawine

Der von Umweltsenatorin Katrin Lompscher vorgelegte Entwurf zur Änderung des Straßenreinigungsgesetzes stößt auf massive Kritik. Grundeigentümer und Räumfirmen halten das Konzept für undurchdacht und untauglich.

Ein Glättechaos wie im vergangenen Winter, als wochenlang vereiste Gehwege nur mit Mühe passiert werden konnten, soll es nach den Vorstellungen des Senats nicht noch einmal geben. Doch der von Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei) vorgelegte Entwurf zur Änderung des Straßenreinigungsgesetzes, mit dem die Hauseigentümer stärker in die Pflicht zur Räumung der Bürgersteige genommen werden sollen, stößt auf massive Kritik. Hausbesitzer und Winterdienstfirmen werfen der Umweltverwaltung vor, jeden Rat abgelehnt und das Gesetz ohne Fachwissen mit der heißen Nadel gestrickt zu haben. Wenn das Gesetz die Parlamentshürde nimmt, werden auch die Mieter zur Kasse gebeten.

Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), dessen Mitglieder 40 Prozent der Berliner Mietwohnungen besitzen, rechnet mit Mehrkosten von 30 Millionen Euro im Jahr. 25 Millionen davon müssten auf die Mieter umgelegt werden. Für eine 60-Quadratmeter-Wohnung werden sich laut Verband die jährlichen Betriebskosten um rund 36 Euro erhöhen. Da auch die Kosten für Straßenreinigung, Müllabfuhr und Wasser steigen, sei der Senat über die Erhöhung der Betriebskosten der „größte Mietpreistreiber“, kritisiert Dieter Blümmel, Sprecher des Hauseigentümerverbandes Haus & Grund.

Der Entwurf „zeugt von einer gewissen Unkenntnis der Sachlage“, sagt Katja Heers, Vorsitzende des Verbandes gewerblicher Schneeräumbetriebe. Nach Einschätzung des BBU kann das Gesetz frühestens im November beschlossen werden; die Verträge für den Winterdienst müssten jedoch spätestens im Oktober abgeschlossen sein. Doch weil niemand weiß, was vereinbart werden muss, sind die Kunden „absolut verunsichert“ und zurückhaltend beim Abschluss von Neuverträgen, berichtet Heers. „Umgekehrt überlegen einige Mitglieder bereits, ob sie bestehende Verträge jetzt kündigen müssen.“ Wenn auf die Winterdienstfirmen die drei- bis vierfache Arbeit zukommt, müssen sie Touren verkleinern, neue Fahrzeuge kaufen, mehr Leute einstellen und die Preise erhöhen. Doch neue Schneeräummaschinen zum Stückpreis von rund 60 000 Euro müssen erst einmal finanziert werden und stehen bei sechsmonatigen Lieferfristen erst zur Verfügung, wenn der Winter vorbei ist, so die Verbandschefin. Auch personelle Engpässe sind zu befürchten, denn Mitarbeiter sind kaum zu finden.

Dass die Winterdienste ihre Arbeit nach dem Gesetzentwurf erst nach Ende des Schneefalls aufnehmen sollen, sei ein weiterer Fehler, sagt Heers. Dann hätten sich durch die Tritte der Passanten längst Eisplatten gebildet, die jetzt ebenfalls beseitigt werden müssen. Dieses sei dann nur noch durch den massiven Einsatz von Auftaumitteln oder mit einer Fräse möglich, die auch den Straßenbelag darunter beschädigt.

Auch die Haftungsfrage ist umstritten. Bisher war ein Grundstückseigentümer aus dem Schneider, wenn er seinen Winterdienst dem Zentralregister im Bezirksamt Lichtenberg meldete. Künftig soll er verpflichtet sein, die Schneebeseitigung selbst zu kontrollieren. Eine permanente Überwachung könnten die vielen auswärtigen Hausbesitzer nicht leisten, sagt Blümmel. Die meist kleinen Verwaltungsfirmen könnten nur stichprobenartige Kontrollen gewährleisten. Ansonsten müsse man sich auf die Meldung von Mietern verlassen. Nach Urteilen des Bundesgerichtshofes müssten grundsätzlich die Winterdienstunternehmen haften. Es sei zu befürchten, dass die Haftpflichtprämien steigen, so Katja Heers.

Auf Kritik stößt auch die im Gesetzentwurf verankerte Pflicht, an jedem Grundstück ein Schild mit Namen und Rufnummer der beauftragten Winterdienstfirma anzubringen. Dort waren bereits im vergangenen Winter die Leitungen häufig zusammengebrochen, ohne dass auch noch die Passanten anriefen.

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