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Kultur: "Art Cologne": Der Kunstmarkt rotiert

So viel Bescheidenheit im handfesten Messegeschäft kann nur auf gestärktem Selbstbewusstsein beruhen. "Vom Tiefpunkt als regionale Verbandsmesse sind wir in den letzten drei Jahren wieder auf die Höhe zurückgekehrt", so Messegeschäftsführer Hans Wilke anlässlich der Eröffnung der 34.

So viel Bescheidenheit im handfesten Messegeschäft kann nur auf gestärktem Selbstbewusstsein beruhen. "Vom Tiefpunkt als regionale Verbandsmesse sind wir in den letzten drei Jahren wieder auf die Höhe zurückgekehrt", so Messegeschäftsführer Hans Wilke anlässlich der Eröffnung der 34. "Art Cologne". Die Verkäufe der kommenden Tage sollten ihn im nachhinein bestätigen; der Kölner Kunstmarkt hat seine Position als wichtigster Handelsstandort noch einmal gefestigt (siehe auch Der Tagesspiegel vom 4. und 7. November). Die breite Spanne zwischen klassischer Moderne und jungen Zeitgenossen scheint noch immer die verführerischste Mischung für das große Publikum zu sein, in Köln zudem ein zahlungskräftiges.

Bereits am Eröffnungstag konnte die Berner Galerie Heinze + Ketterer 38 Arbeiten von Ernst-Ludwig Kirchner verkaufen, davon 28 Blätter zwischen 18 000 und 65 000 Mark und zehn Ölgemälde zwischen 300 000 und 950 000 Mark. Das Hauptgeschäft läuft diesmal im mittleren Marktsegment zwischen 20 000 und 100 000 Mark, wobei sich vor allem Imi Knoebel (100 000 bis 140 000 Mark), Stephan Balkenhol (50 000 bis 100 000 Mark), Sigmar Polke (Blätter um die 50 000 Mark) und A.R. Penck (8500 bis 60 000 Mark) besonderer Nachfrage erfreuen.

Die mageren Jahre scheinen also vorüber. Die "Art Cologne" mit ihren 276 Galerien aus 21 Ländern brummt wieder, auch wenn hinter vorgehaltener Hand so mancher dem Auftrieb noch immer nicht trauen mag. Denn die Käufer mit den richtig großen Portefeuilles fehlen noch zum Messeglück. Die genau parallel laufenden New Yorker Auktionen binden die amerikanischen Kräfte, was die "Art Cologne" im Unterschied zur "Art Basel" zur fast rein europäischen Angelegenheit werden lässt. Von den 118 Galerien aus dem Ausland - angeführt von Österreich (16) und Italien (15) - kommen nur neun aus den Vereinigten Staaten. In den Kaufrausch vom Anfang der neunziger Jahre wird sich hier also niemand steigern, auch wenn für Amerikaner durch den günstigen Wechselkurs der Kunsterwerb in Europa besonders attraktiv ist. Außerdem haben Börsenschwankungen schon so manchem willigen Käufer, der eben sein Geld noch locker hatte, die Stimmung verhagelt.

Im Trubel der Messe sind solche Zweifel erst einmal weggeblasen. Auch über das leidige Thema Auswahlverfahren will keiner mehr reden, denn schließlich hat es geschafft, wer seine Koje in den Deutzer Messehallen einrichten konnte. Dennoch gärt das Thema, denn jeden kann es treffen im kommenden Jahr, wenn das angeblich Entspannung bringende neue "Rotationsprinzip" weiterhin Anwendung findet, bei dem Galerien zurückgestellt werden, für die sich die Jury "nicht einstimmig, aber mehrheitlich für eine Zulassung" ausgesprochen hat. Sechzehn Bewerber trifft es im ersten Jahr, darunter auch die Berliner Galerien "Berlin" und "Fine Art Rafael Vostell". Die big shots blieben natürlich ungeschoren, was zusätzlich für Ärger sorgt.

In diese Falle tappt noch jede Messe, wenn - wie jetzt wieder bei der "Art Cologne" - fast doppelt so viele Galeristen ihre Anmeldung einschließlich einer saftigen Bearbeitungsgebühr von über 1000 Mark vorlegen, wie Kojenplätze vorhanden sind. Die Abgelehnten trifft das jedes Mal hart, denn bei der Messeteilnahme geht es nicht nur ums Verkaufen und Geldverdienen, sondern - vielleicht wichtiger noch - ums Prestige der Präsenz. Hier wird für die Kundschaft der Nachweis erbracht, dass übers Jahr gute Arbeit geleistet wurde, die auch eine Jury anerkennt.

Entsprechend groß ist der Druck auf den Kölner Zulassungsausschuss, der in diesem Jahr besonders hart unter Beschuss geriet. Kein Wunder, denn seine Zusammensetzung allein aus Galeristen, unmittelbaren Konkurrenten also, lässt durchaus Zweifel zu. Mühsam versuchte sich der Juryvorsitzende Karsten Greve der Kritik zu erwehren, indem er Galeristen als die besseren Kenner pries, die sich mehr als etwa Kunstkritiker oder Museumsleute mit der Materie auskennen würden. Weit wies er von sich, dass so mancher Bewerber nur aus Futterneid seine Ablehnung erhielt.

Den Kölnern kann geholfen werden, indem sie den Jurykreis erweitern, womit man zuletzt beim Berliner "art forum" gute Erfahrung machte und prompt von juristischen Manövern verschont blieb. Der KölnMesse dagegen droht nun von der Bielefelder Galerie Samuelis Baumgarte ein saftiger Schadensersatzprozess, nachdem sie sich gemeinsam mit drei anderen Galerien vergeblich einzuklagen versucht hatte, und der zuletzt verzweifelt gesuchte Reserveplatz nicht aufgetrieben werden konnte. Was bleibt, ist die Aussicht aufs nächste Jahr und die Hoffnung, dass die aufkommende Hausse bis dahin anhält.

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