zum Hauptinhalt

Megamind: Der Schurke von Metro City

Maschinerie der Effekte: Das 3-D-Märchen "Megamind" setzt vor allem auf technische Brillanz und ist durchaus kurzweilig.

Der Held – und Antiheld zugleich – im neuen Dreamworks-Animationsfilm „Megamind“ ist ein besonders hässlicher Knilch. Nun war ja bereits der giftgrüne Shrek, Hauptfigur früherer DreamworksProduktionen, nicht gerade eine Schönheit, doch an dem blassblauen Schurken namens Megamind zeigt sich schon phänotypisch sein einziger Existenzgrund: die Welt zu quälen und zu gängeln. Andererseits: So einfach ist alles nicht mehr mit dem Gut und Böse nach Jahrzehnten Superhelden-Historie.

Eigentlich ist Megamind ganz lieb, zumindest zu Anfang. Er ist eines von zwei Babies, die in Raumkapseln aus einem fernen Superhelden-Universum auf die Erde katapultiert werden, niedlich und nett. Doch das Baby Megamind hat Pech. Es landet im Hof eines Gefängnisses und wird von nun an von den einsitzenden Schwerverbrechern in Sachen Boshaftigkeit und Gesetzesbruch trainiert. Das andere Baby, vom Start weg sein Konkurrent, hat dagegen Glück. Es landet bei vermögenden Menschen mit schicker Villa, die ihn als ihren Sohn sowieso für den Besten und Schönsten halten. Derart sozial determiniert, wird es zu Metroman, dem Helden von Metro City. Groß, stark, mit männlichem Kinn und schnittiger Haartolle, soll er die Stadt vor Megaminds fiesen Spielchen schützen.

Klar verteilte Rollen also. Metroman gewinnt immer, egal was er tut. Megamind verliert immer, weil er trotz seiner Genialität im letzten Moment noch auf einer Bananenschale ausrutschen würde. Die Menschen selbst, im Zentrum der Gefahr und Gegenstand andauernder Zerstörungen, spielen keine Rolle. Sie sind Staffage und schreien, wenn ein Haus zusammenstürzt. Und sie sind jubelnde Masse, wenn der Held einen seiner öffentlichen, sehr totalitär anmutenden Auftritte mit Feuerwerk, Livemusik und Medienmaschinerie zelebriert.

An vielen Stellen erweist „Megamind“, nicht eben originell, dem Genre-Archetypen Superman Reverenz. Auch Assoziationen zu jüngeren Mythen des Animationsfilms stellen sich ein, etwa zu „Ich – Einfach unverbesserlich“, wo sogenannte Minions als Helferlein um den Bösewicht herumschwirren, oder auch zu „Die Unglaublichen“ (2004), dem Hit des Konkurrenten Pixar.

Diesmal allerdings werden nicht die klassischen Familienwerte beschworen, sondern es geht um die ewig gültige Liebe. Wie Superman hat auch Metroman seine Lois Lane. Sie heißt Roxanne Ritchi, ist ebenfalls Reporterin, moderiert seine Superhelden-Auftritte und ist auch sonst zuständig für Hofberichterstattung und Heldenverehrung. Sie ist Zentrum des Begehrens und Grund für immer neue Volten des Plots. Als Megamind die Idee hat, Roxanne zu entführen, scheint der Held überfordert und versagt. Er stirbt – augenscheinlich.

„Megamind“ ist durchaus kurzweilig, auch wenn einige Gags nicht recht zünden wollen und sogar bieder und vorhersehbar wirken. Vor allem beeindruckt der Film mit den Mitteln der Effektemaschinerie. Es kracht und scheppert am laufenden Band, überall setzt es Gimmicks, Anspielungen und Scherze. Und einmal mehr zeigt sich, dass die derzeitige 3-D-Technik in einer computergenerierten, also ohnehin künstlichen Welt am besten funktioniert. Das Bild bleibt auch in der Tiefe scharf. Es gibt kaum noch Momente, die die Illusion eines dreidimensionalen Raumes zerstören. Der Detailreichtum der Stadt, die Schatten, die Lichtreflexionen sind überwältigend. Das Mienenspiel der Figuren ist bis ins Kleinste ausgearbeitet und herzzerreißend niedlich.

Regie führt Tom McGrath, der bereits bei „Madagascar“ federführend war, ein Profi der technisch perfekten, etwas zu routinierten Familienunterhaltung. Die Figuren, im Original unter anderem von Will Ferrell oder Brad Pitt gesprochen, wurden von den Komikern Bastian Pastewka, Oliver Kalkofe und Oliver Welke synchronisiert, was wunderbar – und sehr witzig – funktioniert.

Und, nicht ganz überraschend, auch Bösewicht Megamind ist nicht eigentlich böse. Ein Superschurke funktioniert nur mit mächtigem Gegenspieler. Metromans Verschwinden ändert also alles. Megamind muss erkennen, wie einsam sein Leben auf einmal ist, erwischt bei seinem Versuch, einen neuen Superhelden zu erschaffen, allerdings ausgerechnet Roxannes Kameramann Hal, einen unappetitlichen und äußerst uncoolen Nerd. Gut oder böse, das ist hier am Ende alles eine Sache der persönlichen Entscheidung. Jeder kann, wie er will, egal, woher er kommt oder wie er aussieht. Niemand ist determiniert, erzählt der Film, und widerspricht sich dann doch selbst. Der armselige, liebestolle Hal bleibt bis zum Ende plump und hässlich. Wen wundert es, dass er da böse wird!

In 18 Berliner Kinos, Originalversion im Cinestar Sony-Center.

Karl Hafner

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false