zum Hauptinhalt
Schönheitskategorien hinterfragen. "You can't touch this" von Laura Link.

© Laura Link / Bethanien

Goldrausch-Künstlerinnen in Bethanien: Die Farben fließen lassen

Das „Goldrausch“-Projekt will Künstlerinnen zu mehr Öffentlichkeit verhelfen. Eine Ausstellung im Kunstquartier Bethanien.

Der Besucher steht vor einem Teppich, dessen Fäden über einen Holzrahmen gespannt sind. Doch der Blick wird durch eine Bewegung zwischen den Fäden irritiert. Man vermutet ein Insekt, das ins Kunstwerk geraten ist und an den Fäden entlangkrabbelt. Irritierend ist auch ein Brummen, das von Lisa Premkes Kunstwerk ausgeht. Bei genauerem Hinsehen stellt sich heraus, dass das vermeintliche Krabbeltier ein Knoten ist. Zwei zusammengebundene Fäden, die langsam über den Rahmen gezogen werden. Das Brummen kommt von einer Mechanik, die die Fäden zieht, ein Ton von 5 Hertz – laut Künstlerin die Frequenz, die ein menschliches Streicheln verursacht.

Premke arbeitet immer wieder mit Klang, sie übersetzte das Heulen von Wölfen in Noten und ließ es Opernsänger nachsingen. Mit ihren Klangskulpturen kehrt sie die Idee des Readymades um. Nicht Alltagsgegenstände sollen zu leblosem Kunstwerk umgeformt werden, sondern leblosem Material wie einem Teppich wird Leben eingehaucht. Die Künstlerin will den Objekten eine „Eigenständigkeit als Geschichtenerzähler“ zurückgeben. Premkes akustische Skulpturen sind Teil der Ausstellung „Goldrausch 20“ im Kunstquartier Bethanien.

Künstlerinnen verdienen zwei Drittel des Einkommens ihrer männlichen Kollegen

Das Goldrausch-Künstlerinnenprojekt fördert jedes Jahr 15 Künstlerinnen mit dem Ziel, ihnen zu mehr Öffentlichkeit zu verhelfen. Frauen sind an Kunsthochschulen heute oft in der Mehrzahl, an der Berliner UdK sind 66 Prozent der Studierenden 2017 weiblich. Auf dem freien Markt verdienen Künstlerinnen dann jedoch nur zwei Drittel des Einkommens ihrer männlichen Kollegen.

Durch den Zufall geboren. "Gespräch" von Julia Schramm.
Durch den Zufall geboren. "Gespräch" von Julia Schramm.

© Julia Schramm / Bethanien

Die Ausstellung ist eine Bilanz des aktuellen Jahrgangs. Neben den Klangteppichen hängt Julia Schramms Bilderserie „Menschen und Vögel“, die mit ihren dunklen Farben und unscharfen Konturen an Hieronymus Bosch und Salvador Dalí erinnert. Auch Schramms Motive scheinen Träumen zu entspringen. Tatsächlich sind sie durch den Zufall geboren: Die Künstlerin gießt ihre Bilder, sie lässt die Farbe auf die Leinwand laufen und entwickelt ihre Motive aus dem Farbfluss. Malerei als Prozess. Ein Prozess ist es auch, Künstlerinnen auf dem Markt und in Ausstellungen so sichtbar wie Künstler zu machen. Die Ausstellung ist Teil dieses Prozesses.

Kunstquartier Bethanien, Mariannenplatz 2, bis 23. September, Mo–So 11–20 Uhr.

Anne-Sophie Schmidt

Zur Startseite