
© Eric Kabik
Joshua Bell im ausverkauften Konzerthaus: Ein moderner Teufelsgeiger
Joshua Bell und die Academy of St Martin in the Fields begeistern im Berliner Konzerthaus mit Paganinis 1. Violinkonzert sowie Werken von Schumann.
Stand:
Niccolò Paganini eilte der Ruf als exzentrischer Teufelsgeiger voraus. Durch seine Kunst des Geigenspiels auf allerhöchstem Niveau elektrisierte er das Publikum in Europa. Ganz für seine Virtuosenhände hatte er sein Violinkonzert Nr. 1 mit allen verfügbaren Raffinessen komponiert und 1819 uraufgeführt.
Gut zweihundert Jahre später steht Joshua Bell mit der Academy of St Martin in the Fields auf der Bühne des Konzerthauses. Er ist die moderne Version des Teufelsgeigers: In seiner Virtuosität steht Bell Paganini in nichts nach. Der Bogen springt, die Finger fliegen und Doppelgriffe, luftige Triller oder weiteste Sprünge durch alle Tonlagen erklingen mit einer Leichtigkeit, die das Publikum überwältigt. Schon nach dem ersten Satz brandet der Applaus auf.
Funkelnder Paganini
Auch die von Bell entwickelte Kadenz passt wunderbar in das Gesamtkonzept des Violinkonzertes. Der Geiger leitet zudem auch noch das britische Kammerorchester, sein Instrument stets einsatzbereit an der Schulter. Das Orchester kann vor allem im Tutti auftrumpfen. Paganinis klangvolle Orchestereinleitung erinnert schon fast an die Klangopulenz wienerischer Walzer, obwohl er die Donaustadt erst zwölf Jahre nach der Komposition kennenlernt.
Spannungsreicher Schumann
Paganinis Violinkonzert wird im Programm des Abends von Werken Robert Schumanns eingerahmt. Fasziniert von Bachs Chaconne für Solovioline, komponierte Schumann eine Klavierbegleitung, für die Joshua Bell wiederum eine Orchesterfassung in Auftrag gegeben hat: Die Violine mischt sich mit dem zurückhaltend begleitenden Streichorchester, Holzbläser kommen nur vereinzelt zum Einsatz. Auch dieses Werk besticht durch seine Virtuosität. Spieltechnische Herausforderungen lassen sich in ähnlichem Maße finden wie bei Paganini, auch wenn diese hier weniger als auffällige Besonderheiten in den Vordergrund treten.
Für Schumanns 2. Symphonie fügt sich Joshua Bell nach der Pause als Konzertmeister in das Orchester ein. Er dirigiert hier von seinem Platz aus, oft ohne selber mitzuspielen. Vor allem der langsame dritte Satz erklingt spannungsgeladen, in den fein ausdifferenzierten Bläsersoli überlässt Bell auch anderen mal die Führung. Der Dialog des Orchesters stellt die verschiedenen Charaktere Schumanns zwischen melodiös-nachdenklich und akkordisch-zupackend heraus und mündet in ein klanggewaltiges Finale, das im ausverkauften Saal mit kräftigem Beifall belohnt wird.
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