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Mark Fisher

© MACBA/Wikimedia

Marc Fisher ist tot: Gespenster für die Zukunft

Warum können wir uns das Ende der Welt eher vorstellen als das Ende des Kapitalismus? Zum Tod des britischen Pop- und Kulturtheoretikers Mark Fisher.

Schließlich hat die Krankheit doch triumphiert, die ihn mit ihren Phasen lebenslang plagte. Die er jedoch genauso als Ausdruck und Folge unserer hochindividualisierten Leistungsgesellschaft verstand und deshalb für ihn eine politische Dimension hatte. Mark Fisher habe seinen Kampf gegen die Depression verloren, heißt es in einer Mitteilung des Berliner Verlags Edition Tiamat, der 2015 Fishers Essayband „Gespenster meines Lebens. Depression, Hauntology und die verlorene Zukunft“ auf Deutsch veröffentlicht hat. Was auf einen Suizid des britischen, 1968 geborenen Kulturkritikers, Poptheoretikers und Bloggers hindeutet.

„In einem Zustand der Depression, der mir das alltägliche Leben kaum erträglich scheinen ließ, habe ich 2003 zu bloggen angefangen“, schrieb Fisher in einem Essay. In dem Blog K-Punk.org und in Zeitschriften wie „The Wire“ und „Frieze“ veröffentlichte er zuerst seine Texte, aus denen dann Bücher wie „Kapitalistischer Realismus: ohne Alternative?“ und eben „Ghosts of my Life“ wurden. „Wie konnte sich nur das Gefühl so weit verbreiten, dass es eine Alternative nicht geben kann, wieso können wir uns heute eher das Ende der Welt vorstellen als das Ende des Kapitalismus?“, heißt eine seiner vielzitierten, fast verzweifelt vorgebrachten Leitfragen. Vor deren Hintergrund erstellte Mark Fisher seine Gegenwartsdiagnosen. Dass es zum Beispiel keinen kulturellen Fortschritt mehr geben würde, eine regelrechte kulturelle Erschöpfung gar zu erkennen sei. In der Popkultur zum Beispiel, der letzte „Zukunftsschock“ seien dort die schnellen, nervösen Polyrhythmen des Jungle gewesen, seitdem herrsche die Retrokultur.

Von „hedonistischer Depression“ hat Mark Fisher gesprochen, um damit gleichermaßen die Freiheiten und Kaputtheiten und Zwänge in der neoliberalen Gesellschaft auf den Punkt zu bringen. Und um daraus seine ganz eigene Gespensterkunde zu entwickeln, seine „Hauntology“, einen Begriff, der von dem französischen Philosophen Jacques Derrida stammt. Aus den Gespenstern der Vergangenheit, aus dem totalen Retro doch noch etwas Zukunftsträchtiges zu generieren, das hatte Mark Fisher sich zur Aufgabe gemacht. Gegen die Gespenster der eigenen, in ihm wütenden Depression war er machtlos.

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