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Kabinettsumbildung: Meine Frau will aber nicht nach Berlin

Dieser März 2011! Und was war noch atemberaubender, als die große Lüge eines Ministers, die gesammelten, geheuchelten Erklärungen der restlichen Politiker und ein viel zu später Rücktritt? Die Kabinettsumbildung! Echt irre: Wie Minister ausgesucht werden.

Angeblich soll es ja so gewesen sein: Seehofer von der CSU sitzt nach dem Rücktritt des Verteidigungsministers mit seinem Landesgruppenchef Friedrich zusammen und bietet ihm das Verteidigungsministerium an. Doch Friedrich sagt, er sei nun mal erst gerade Landesgruppenchef geworden und wolle nicht. Neben Friedrich sitzt Landesfinanzminister Fahrenschon, und eine Minute später bietet ihm Seehofer das Verteidigungsministerium an. Doch Fahrenschon sagt, das ginge leider nicht, seine Frau wolle nicht nach Berlin. Am späten Abend ruft die Kanzlerin Seehofer an und sagt, man könne sich einen „Ringtausch“ vorstellen: Innenminister de Maizière von der CDU als Nachfolger vom Verteidigungsminister und die CSU stellt den Nachfolger vom Innenminister. Seehofer ruft Bayerns Innenminister Herrmann an, doch dessen Frau will auch nicht nach Berlin. Seehofer ruft noch einmal Fahrenschon an und bietet ihm nun statt Verteidigung das Innere an, aber die Frau will immer noch nicht nach Berlin. Dann ruft Seehofer bei Bundesverkehrsminister Ramsauer an, der ihm aber sagt, dass, wenn er jetzt plötzlich Innenminister werde, Herrmann und Fahrenschon garantiert auch nicht Bundesverkehrsminister werden wollen würden.

Scheiße, muss sich Seehofer gedacht und danach wieder spät in der Nacht bei Landesgruppenchef Friedrich angerufen haben. „Friedrich, du wirst es jetzt!“, so Seehofer in den Hörer. „Was denn?“, so Friedrich als Antwort.

„Innenminister!“, soll Seehofer kurz und knapp entgegnet haben, worauf Friedrich („Ich dachte, Verteidigungsminister?!“) erst noch seine Frau wecken wollte, aber das sei ihm dann von Seehofer strikt verboten worden.

Man fasst es nicht. Überall auf der Welt muss man, wenn man einen qualifizierten Job will, seine Eignung und seine Qualifikationen unter Beweis stellen. Ein Arzt muss eine Approbationsordnung erfüllen, ein Fußballtrainer eine Lizenz erwerben; ein Vermessungstechniker muss sich auskennen in Geoinformationstechnologie und Bergbautechnik. Ein Bäcker geht in die Getreidelehre und ein Geschichtsprofessor muss in jahrelanger Kleinstarbeit erst promovieren, dann habilitieren.

Nur bei den Ministerämtern in Deutschland ist offenbar gleichgültig, zu was einer befähigt ist und zu was nicht. Wenn de Mazière so ein guter Innenminister war, warum ist er dann jetzt Verteidigungsminister? Warum kann ein Fahrenschon oder ein Herrmann genauso gut Verteidigungs- wie Innen- oder sogar Verkehrsminister sein? Und dann wird es ein Friedrich, weil Seehofer keine Lust mehr zum Telefonieren hatte und es einer aus der CSU sein musste?

Wenn Deutschland einmal von der Al Qaida oder sonst wem angegriffen werden sollte, möchte ich eigentlich einen Innenminister haben, der unbedingt Innenminister sein will! Und nicht einen, der zufällig Innenminister ist, weil er seine Frau nicht mehr wecken und fragen konnte!

Irre ... Stellt Bayern München jetzt etwa einen Handballtrainer ein? Gehe ich zum Urologen, wenn ich Zahnschmerzen habe? Promoviere ich in Geschichte, wenn ich ein führender Agrarwissenschaftler werden will? Nur bei den Ministerämtern kann kommen, wer will. Er muss sogar neuerdings gar nicht wollen. Wenn er in der CSU ist und Seehofer ins Bett will, ist er Innenminister!

Fragen nach Kompetenzen in Verfassungsrecht? Zivilschutz? Zuwanderung und Integration? Nicht nötig, ein Anruf von Seehofer in der Nacht und es kann genauso gut Internationales Völkerrecht, Wehrverwaltung, Luftwaffe, Heer, Marine sein. Oder regieren die Ministerien etwa von alleine? (Kafka?!) Wenn es so wäre, dann wäre alles noch irrsinniger.

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