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Rainer Hunold als Geoffrey Hammond (l.) und Ulrich Gebauer als Larry de Vries.

© DERDEHMEL/Urbschat

"Öffentliches Eigentum" am Schlossparktheater: Pädo-Posse

Die Hölle der Boulevard-Entblößung: „Öffentliches Eigentum“ am Schlossparktheater Berlin.

Drei Mal in Folge ist der Mann zur Medienpersönlichkeit des Jahres gewählt worden. Aber Prominenz schützt nicht vor Peinlichkeit. Im Gegenteil. Die Fallhöhe ist bei Bildschirmmenschen hoch, ihr Sturz eine Volksbelustigung. Geoffrey Hammond, berühmter britischer Nachrichtensprecher mit sonorem „Guten Abend“-Sound, muss das schmerzhaft am eigenen Leib erfahren. Nachdem er bei eindeutigen Handlungen mit einem 16-Jährigen im Auto erwischt und von der Paparazzi-Meute abgeschossen wurde, steht er vor dem Image-Ruin.

Helfen könnte ihm in dieser prekären Lage nur noch sein Pressesprecher Larry de Vries, ein mit allen Wassern gewaschener PR-Profi. Das Problem: Hammond hat de Vries gerade erst gefeuert und ihn einen „vollgekoksten Scharlatan“ genannt. Da ist ein Canossa-Gang fällig.

In seinem Stück „Öffentliches Eigentum“ (Private Property) schickt der britisch-deutsche Autor Sam Peter Jackson seinen Protagonisten durch die Hölle der Boulevard-Entblößung. Regisseur Michael Bogdanov, der die Sensationsgier-Satire am Schlossparktheater inszeniert, lässt dazu im ersten Teil als Leitmotiv „Wrecking Ball“ von Miley Cyrus einspielen. Das trifft, weil man sofort das vermeintliche Skandal-Video vor Augen hat, in dem das ehemalige Disney-Mädchen nackt auf der Abrissbirne schwingt. Es ist ein schmaler Grat zwischen Selbstbestimmung und Kontrollverlust in der Bilderwelt. Woran man auch denken muss, wenn sich im Videoeinspieler Dieter Hallervorden und Hape Kerkeling als Medienexperten mit schmieriger Besorgnis über den Fall Geoffrey Hammond und seine moralischen Kollateralschäden austauschen.

Das Schlossparktheater ist mit diesem Stück am Puls der Zeit

Kerkeling hat ja vor Zeiten seine ganz eigenen Erfahrungen mit Outing und Titelseiten gemacht („Hape Kerkeling zum Geständnis gezwungen: Ja, ich bin schwul!“). Gibt es ein privates Leben im öffentlichen? Das ist die Frage dieses Stücks. Der Brite Bogdanov, vor vielen Jahren Intendant des Hamburger Schauspielhauses, bedient den Text ganz im Sinne der Schauspieler. Rainer Hunold spielt den Nachrichtenmann, der in die Schlagzeilen gerät, mit einer fragilen Mischung aus eitler Härte und trotziger Verletztheit. Ulrich Gebauer ist als PR-Larry der Jago in diesem Spiel, ein toller Strippenzieher ohne Moral. Und Arne Gottschling gibt den 16-jährigen Jamie, der zugleich Opfer und kommende Medienhure ist: „Ich will berühmt sein. Etwas tun, wofür alle Menschen dich lieben.“ Auf ins Dschungelcamp!

Jackson hat ein Talent für die sarkastische Pointe. Wenn etwa Larry seinen Schützling fragt, wann wohl „das erste Angebot für ein Promi-Päderasten-Dinner“ käme? Auch wenn das Stück gen Ende eine wenig tragfähige, durchsichtige Konstruktion offenbart – es unterhält auf intelligentem Niveau. Das Schlossparktheater ist damit jedenfalls am Puls der Zeit. Man kann ja schwerlich den Fall Edathy ausblenden, diese totale öffentliche Vernichtung eines Menschen, dessen Intimstes publik gemacht wird. „Warum geht das alles auch nur irgendjemanden etwas an“, will Hunold als Geoffrey einmal wissen. „Weil es Neuigkeiten sind“, entgegnet Larry.

Wieder vom 26. bis 30. März

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