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Die Bestseller-Autorin Paula Hawkins hat einen neuen Thriller geschrieben.

© Alisa Connan

Paula Hawkins’ Thriller „Into the Water“: Fluss ohne Ufer

Ein Fluss, der viele Opfer fordert: „Girl on the Train“-Autorin Paula Hawkins mit ihrem düsteren neuen Roman „Into the Water“.

Die kleine Stadt birst vor Konflikten. Und erschreckend viele von ihnen enden im Wasser, im „Drowning Pool“, dem Flussbecken von Beckford. Nel, alleinerziehende Mutter der 15-jährigen Lena, hat die Lebensgeschichten der Frauen erforscht, die darin ertrunken sind, sie war geradezu fixiert auf die Schicksale der Hexen, Ehebrecherinnen und Selbstmörderinnen, die von einem hohen Felsen ins Wasser gingen oder ertränkt wurden. Dann ertrinkt sie selbst. Und Jules, ihre jüngere Schwester, muss sich um Nels wilde Tochter kümmern.

„Für alle unbequemen Frauen“: Diese Widmung hat die in Rhodesien, dem heutigen Zimbabwe geborene und heute in London lebende Paula Hawkins, die mit „Girl on the Train“ weltberühmt wurde, ihrem jüngsten Roman „Into the Water – Traue keinem. Auch nicht dir selbst“ vorangestellt. Ein Hinweis darauf, dass die durchgehend bequemen Männer darin nicht gut wegkommen. Da sind der Polizist Sean, der Nels Todesumstände untersucht, und sein Vater Patrick, ein Ordnungs- und Sauberkeitsfetischist, Polizist im Ruhestand. Da ist der Lehrer Mark, scheinbar ein Opfer der Machtspielchen weiblicher Teenager, die ihre Attraktivität testen, tatsächlich ein selbstverliebter Lebemann. Warm ums Herz wird einem nur, wenn es um Josh geht, den Jungen, dessen Schwester sich das Leben genommen und dessen Mutter darüber den Lebensmut verloren hat. Ein paar Tage mitten im August, in denen Jules und die Polizistin Erin herauszufinden versuchen, was Nel zugestoßen ist: ob sie in ihrer Drowning-Pool-Manie todessehnsüchtig ins Wasser gesprungen ist – oder ob jemand sie umgebracht hat.

Perspektivenwechsel strapazieren die Aufmerksamkeit

Am Anfang liegt alles im Dunkeln des Flusses. Er ist die eigentliche Hauptfigur und führt ein Eigenleben. Paula Hawkins findet für seine Düsterkeit immer neue Bilder, für die Gleichgültigkeit, mit der er durch Beckford fließt und weibliche Opfer nimmt. Die Frauen fühlen, wenn sie sich erfrischen wollen, den kalten Schlick am Ufer, die Männer schwimmen in seiner Strömung. Der Fluss ist für diesen Roman, was die Eisenbahnlinie für das sich betrinkende „Girl on the Train“ im Pendlerzug nach London war.

Viele Perspektivwechsel strapazieren die Aufmerksamkeit. Mal erzählt Jules, mal Erin, dann Helen, die Frau des Polizisten Sean, dann wieder Lena. Auch Sean und Mark kommen zu Wort, ohne dass ihre Stimmen jeweils einen eigenen Klang bekommen. Paula Hawkins hat das, was sie sagen, denken und verschweigen, so geschickt montiert, dass sich eine chronologische Geschichte ergibt. Doch fragt man sich, warum sie nicht einer erzählerischen Instanz die Fäden in die Hand gegeben hat.

Paula Hawkins: Into the Water. Traue keinem. Auch nicht Dir selbst. Roman. Aus dem Englischen von Christoph Göhler. Blanvalet, München 2017. 473 Seiten, 14,99 €.

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