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Szene aus "Beyond Boundaries".

© JANA CISAR FILMPRODUKTION

Peter Zachs "Beyond Boundaries": So zärtlich war Slowenien

Peter Zach unternimmt in seinem Essayfilm „Beyond Boundaries“ eine Reise an die Grenzen von Slowenien. Vor sechs Jahren, als der europäische Traum noch lebte.

Von Gregor Dotzauer

Unter Südosteuropäern kursiert ein Bonmot, wonach es fast unmöglich ist, in dem Land zu sterben, in dem man geboren wurde. Die Grenzen, in denen man sich mit seiner Sprache und Kultur zu Hause fühlen soll, verschieben sich immer wieder. Doch in dem Maß, in dem dies die Sensibilität für das Menschengemachte staatlicher Gebilde erhöht, stärkt es vielleicht auch den Wunsch nach unbedingter Souveränität.

Slowenien zum Beispiel gehörte Anfang des 20. Jahrhunderts noch zu Österreich-Ungarn, dann nach dem Ersten Weltkrieg mit Serbien und Kroatien zu einem Königreich, aus dem ein erstes Jugoslawien erstand, das nach dem Zweiten Weltkrieg unter Tito in eine sozialistische Föderation überging, bis es sich 1991 in einem Zehntagekrieg als erste Teilrepublik selbstständig machte und 2004 in die Europäische Union aufgenommen wurde.

Der Schengen-Raum atmet Unendlichkeit

Peter Zach unternimmt in seinem Essayfilm „Beyond Boundaries – Brezmejno“ eine Reise an die Ränder des kleinen Landes. Die Wege nach Italien, Österreich, Kroatien und Ungarn sind offen, der Schengen-Raum atmet Unendlichkeit, und das Jahr 2010, aus dem der größte Teil des Materials stammt, lässt glauben, man werde fortan über allen historischen Wassern schweben. Die Kämpfe der Vergangenheit brummen als Bordun-Ton einer Erfahrung mit, an der man ins Utopische gereift ist. Dass sechs Jahre später ein fast 200 Kilometer langer Stacheldrahtzaun an der Grenze zu Kroatien stehen würde, gegen Migrationsströme, die sich dann andere Bahnen suchten: undenkbar.

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Das Schöne an Zachs Film ist, dass ihm das heutige Wissen um den Zerfall dieses europäischen Traums, der auch aus anderen Gründen zu enden droht, nicht schadet. „Beyond Boundaries“ ist seinerseits das Dokument eines Moments, den die von einer Frauenstimme berichteten Reflexionen des Dichters Aleš Šteger über innere und äußere Grenzen ins Überzeitliche wenden. Thomas Plenert, bekannt als Kameramann von Volker Koepp, kann nur die physische Wirklichkeit festhalten, und doch hat man zugleich die Sehnsuchtsbilder von Zachs Figurenreigen vor Augen.

Ein Jugo-Nostalgiker, eine Kärntner Slowenin, der Schriftsteller Boris Pahor in Triest, ein Grazer Gastarbeiter, Vlado Slodnjak, der in seinem Dorf ein Fahrradmuseum betreibt, oder ein selbst erklärter Bastard: Ihre Erinnerungsfähigkeit ist die einzige Grenze, über die am Ende keine Politik bestimmt.

Acud, Brotfabrik

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