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Knopfler

© Promo

HIT Parade: Mark Knopfler

Diese Woche auf Platz 2 mit: „Kill To Get Crimson“

Merkwürdiger Titel: „Töten, um Karmesinrot zu bekommen“. Da muss man sich ins Kleindgedruckte versenken. In Song Nummer 8, „Let It All Go“, steht die Erklärung: Der Text handelt von einem Maler, so einsam und verkannt, dass er töten würde für etwas Farbe auf seinem Spachtel. Mark Knopfler ist schon lange nicht mehr in dire straits, zu deutsch: finanziell in der Klemme. Vielleicht sammelt er sogar Kunst. Etwa den britischen Maler John Bratby, desssen Gemälde „Four Lambrettas and Three Portraits of Janet Churchman“ (1958) auf dem Cover von Knopflers fünftem Solo-Album zu sehen ist. Bratby gilt als Begründer des „Kitchen Sink Realism“, einer sozialrealistischen Kulturströmung, die in den fünfziger und sechziger Jahren in Großbritannien aufkam und die auch in Film, Theater oder Literatur versuchte, den Alltag ihres Publikums abzubilden.

Zu dieser Zeit etwa hat Knopfler die Shadows und Duane Eddy gehört, deren Twang-Sound bis heute in seinem Gitarrenspiel nachhallt. In alten Live-Mitschnitten der Dire Straits sieht man einen Spargeltarzan mit Klampfe, beinah so dünn wie der Hals seiner Stratocaster. Heute, mit 58 Jahren wirkt Knopfler nicht nur äußerlich gesetzter; dem „größenwahnsinnigen“ Rockstar-Dasein ab- und der Roots-Music zugewandt. Immer deutlicher wurden mit den Jahren die Folk und Country-Einflüsse. Letztes Jahr Duette mit Emmylou Harris und nun Texte wie der über „Die Frau des Gerüstbauers“, die in die Stadt fährt, um sich die Nägel machen zu lassen und ins Solarium zu gehen. Oder über Leute die „mit der Miete hinterher“ sind. Als wärs ein Film von Mike Leigh.

Knopflers neue Songs wirken wie Meditationen, so gemächlich und zurückgenommen, wie es sich nur Könner trauen. Gitarristisch bleibt er weit unter seinen Möglichkeiten, verstreut allenfalls wie ein Chefkoch ein paar würzige Licks, anonsten überlässt er das Feld lieber dem subtil eingesetzten Instrumentarium: Akkordeon, Zitter, Vibraphon oder Flöte. Knopfler kann alles, aber er muss nichts. Ein klarer Fall von Altersmilde.

Ralph Geisenhanslüke

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