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Kultur: Showkinder

Eva, Veruschka: Filme über Körperinszenierungen

Als vor einiger Zeit bekannt wurde, dass Eislauftrainer ihre Schülerinnen gerne handgreiflich korrigieren – mit Duldung der Mütter, die nur die Karrieren ihrer Prinzessinnen vor Augen haben, konnte man in einen Abgrund sehen: einen Sumpf aus sexuellem Profit, Scham, zwanghaftem Ehrgeiz, enttäuschten Hoffnungen und Verzicht. Im Schowbusiness werden dieser offiziell geduldeten Ausbeutung erst seit etwa 15 Jahren Grenzen gesetzt. Vorausgesetzt, sie wird publik. Die Kindheit der Schauspielerin Eva Ionesco ist ein Beispiel dafür, und es ist erstaunlich, dass ihr Debüt als Regisseurin „I’m not a F**king Princess“, das auf jenen Erfahrungen basiert, kein harter, sondern ein kitschiger Film geworden ist.

Eva Ionesco, 1965 geboren, erzählt die Geschichte einer Pariser Kindheit in den siebziger Jahren, als im Kielwasser der sexuellen Befreiung auch die Pädophilie salonfähig wurde, zumal in Frankreich, wo Sex immer noch auf merkwürdige Weise mit Freiheit konnotiert ist. Die Mutter von Anna inszeniert ihre kaum 10-jährige Tochter in Reizwäsche und schwülen Interieurs und trainiert ihr laszive Posen an. Der Ehrgeiz einer Mutter, die Künstlerin sein möchte, verbindet sich mit den Bedürfnissen ihrer Kunden, die gern Kunst nennen, was in Wahrheit eine weiche Variante der Kinderpornografie ist. Auf der Strecke bleibt das Mädchen.

Aber Eva Ionescos Film ist keine Abrechnung, sondern eine Art Gothic Soft Porno. Die Protagonistinnen leben in Dunkelheit, ihr Leben hindert das Kind daran, Freundschaften zu schließen. Die Mutter wird von Isabelle Huppert als nervös-zerfahrene Borderlinerin verkörpert. Eine Paraderolle – man bemitleidet auch die Mutter. Die neunjährige Darstellerin der Anna, wie Eva Ionesco rumänischer Abstammung, heißt Anamaria Vartolomei: ein hübsches, großäugiges Mädchen. Die Kamera weidet sich an ihrer Niedlichkeit, und man hofft, dass dem Kind nichts Ähnliches bevorsteht wie der Regisseurin. Ausbeutung von Kindern hat viele Facetten.

Dass man auch in der Modelbranche die Kontrolle behalten kann, zeigt das Beispiel Vera von Lehndorffs, die in den sechziger Jahren unter dem Namen Veruschka erstes deutsches Supermodel international Karriere machte. Zu ihrer Autobiografie kommt nun auch der Dokumentarfilm „Veruschka – Inszenierung (m)eines Körpers“ ins Kino, das Porträt einer Selbstdarstellerin, die ihren Körper stilisierte und ihm dabei einiges zumutete. Auch Veruschka besteht darauf, dass das, was sie verkauft, Kunst sei, auch wenn es den Käufern ihrer Fotobände womöglich mehr um den nackten Körper geht. Aber es ist ihr eigener, das eigene Projekt, die eigene Fantasie. Jedenfalls hält man das als Zuschauerin für möglich. Daniela Sannwald

„I’m not...“ läuft in 6 Berliner Kinos, „Veruschka“ im Xenon und Babylon Mitte

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