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Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) hat beim Kulturgutschutzgesetz die explizite Rückendeckung der Kanzlerin.

© dpa

Streit um das Kulturgutschutzgesetz: Merkel stellt sich hinter Grütters

Letzte Runde beim Kulturgutschutzgesetz? Im Juli soll die leidenschaftlich diskutierte Novelle endgültig verabschiedet werden - aber die Kritiker verstummen nicht.

Es stimmt, sagt Hans-Ewald Schneider, Chef der auf Kunsttransporte spezialisierten Spedition Hasenkamp: Viele Sammler bringen ihre Kunstschätze ins Ausland, seitdem das neue Kulturgutschutzgesetz ins Haus steht. Nicht dass es weite Fahrten wären: Von Aachen nach Maastricht sind es 38 Kilometer. Die Angst kursiert unter Händlern und Sammlern – unnötigerweise. Weit über 90 Prozent aller Kulturgüter in Deutschland sind von der Novelle gar nicht betroffen, sagt Schneider.

Gesetzentwurf Nummer 18/7456 erregt nach wie vor die Gemüter. Die Neuregelung der Ein- und Ausfuhr von Kunst soll noch vor der Sommerpause verabschiedet werden: Die letzte Runde im Bundeskulturausschuss steht nun am 22. Juni auf der Agenda, es folgen die 2. und 3. Lesung im Bundestag und der Bundesrat am 8. Juli. Wenn denn alles gut geht.

Dass der Kulturausschuss das Thema am Mittwoch kurzfristig auf den 22. Juni verschoben hat lag nach Auskunft von Monika Grütters’ Behörde allerdings nur am knapp danach anberaumten Kultursalon. Zeitgründe also, nicht etwa Uneinigkeit in der Koalition über die Altersgrenze bei genehmigungspflichtigem Kunstexport: Die SPD möchte, dass Kulturgüter bis 99 Jahre nach ihrer Entstehung frei ausgeführt werden können, die CDU will 70 Jahre. Klärungsbedarf im Detail gebe es noch, mehr nicht, sagt Hagen Philipp Wolf, Sprecher der Kulturstaatsministerin. Im Hause Grütters ist man zuversichtlich, dass es klappt vor den Ferien.

Merkel begrüßt die Klärung der Frage, was "national wertvoll" sei

Bei eben jenem Kultursalon bekannte sich die Kanzlerin persönlich in aller Öffentlichkeit (und vor Kunstsammlern im Publikum) zu dem Gesetz, bei dem viele Sammler eine erhebliche Einschränkung ihrer Eigentumsrechte befürchten. Angela Merkel unterstützt das Vorhaben, dass Kulturgüter jenseits bestimmter Alters- und Wertgrenzen eine Ausfuhrgenehmigung auch innerhalb der EU brauchen (nicht mehr nur wie bisher in Nicht-EU-Länder) und herausragende, für „national wertvoll“ befundene Kunst nicht exportiert werden soll. Es sei nicht nur sinnvoll, so Merkel, verstärkt gegen den illegalen Handel mit Kulturgütern vorzugehen – der unstrittige Teil des Gesetzes, der sich vor allem auf den Import von geplünderten Antiken bezieht. Man müsse sich auch die Frage stellen, „was national wertvoll ist“, sagte die Kanzlerin am Mittwochabend zum strittigen Teil, der den Verkauf deutscher Kunstwerke ins Ausland betrifft. Ausfuhrbeschränkungen gab es schon immer, jetzt sollen sie denen der meisten anderen europäischen Länder angeglichen werden.

Die Gesetzeskritiker verstummen nicht. Der Sammler und Ex-Verfassungsrichter Harald Falckenberg bezifferte die Kosten für den künftigen Verwaltungsaufwand in der „Welt“ erneut sehr hoch, auf 27 Millionen Euro allein für die Bundesländer. Sprecher Wolf verweist dagegen auf die künftig erhebliche Entlastung der Länderverwaltungen. Grütters rechnet lediglich mit einer vierstelligen Zahl von Genehmigungsanträgen. Mit Blick auf die rund 12 000 Anträge pro Jahr in Großbritannien bei einem Anteil von 21 Prozent am Welthandelsmarkt klingt das realistisch. Denn Deutschland hält einen Anteil von lediglich 2 Prozent.

Eigentumsrecht versus Kulturgutschutz: Die Verfassungsrechtler sind sich nicht einig

Auch die Verfassungsrechtler streiten weiter. Der Abwanderungsschutz widerspreche dem per Grundgesetz verbrieften Eigentumsrecht, argumentiert Sophie Schönberger von der Uni Konstanz. Die Kieler Europarechtlerin Kerstin Odendahl betont im Gegensatz dazu den dualen Charakter von Kunst als wirtschaftlichem und kulturell schützenswertem Gut.

Spediteur Schneider empfiehlt derweil eine Ehrenrunde: lieber in den Herbst gehen mit dem Gesetz. Dann wäre Zeit, auch die steuerrechtlichen oder die das Verhältnis von Sammlern und Museen betreffenden Streitfragen zu überdenken. Und dabei die unnötige Schärfe aus der Debatte zu nehmen.

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