zum Hauptinhalt

Kultur: Väter, Lover, Söhne

Sensibles Doku-Porträt: In „His & Hers“ erzählen irische Frauen von ihren Männern.

Freunden des kurzen Formats hat sich der Name Ken Wardrop mit Filmen eingeprägt, die ihre Zuschauer mit familiär intimen Settings, beiläufigem Understatement und Humor verführen. „Undressing My Mother“ war eine zärtliche Hymne auf den alternden weiblichen Körper. „Useless Dog“, ausgehend von der Klage eines Tierhalters über seinen scheinbar unnützen Hausgenossen, entwickelte sich zu einer luftigen Allegorie auf eine Gesellschaft, die alles auf Verwertbarkeit reduziert.

Nun hat der irische Filmemacher seinen ersten langen, wiederum ebenso schlichten wie außergewöhnlichen Film gedreht. „His & Hers“ zeigt menschliches Leben vom Säuglings- zum Greisenalter – und sucht sich die Mosaiksteinchen dafür bei 70 Frauen aus den irischen Midlands zusammen. Sie alle hat der Regisseur nach dem zum Drehzeitpunkt wichtigsten Mann ihres Lebens befragt – Väter also, erste Lover, Ehemänner, Söhne. Ergänzt werden die anschaulichen Antworten der Frauen durch Blicke in ihren häuslichen Alltag. Andere Personen kommen dabei nicht sichtbar ins Spiel.

Seine Bildfolge komponiert Ken Wardrop aus sorgfältig kadrierten starren Einstellungen, die oft wie kunstvoll gerahmte Vignetten funkeln: der Blick durchs Raster des Küchenfensters in den Garten. Ein Türrahmen, der als vertikale Trennlinie fungiert. Dabei kommt der Illusion einer fortlaufenden Erzählung die architektonische Uniformität irischer Mittelschichthäuser entgegen. So fanden die Kameraleute Michael Lavelle und Kate McCullough an vielen verschiedenen Orten nahezu identische Einstellungen, meist mit aufgeräumt lichten Innenräumen. Selten richtet sich der Blick in die Ferne über Gartenzaun und Wäscheleine hinaus.

Auch thematisch reduziert sich der scheinbar vielgestaltige Überschuss möglicher Perspektiven schnell, die vielen Stimmen fügen sich zum vom Autor streng dirigierten Chor. Dabei bleiben Krisen und Brüche, Trennungen und alternative Lebensentwürfe weitgehend ausgespart. Lieber insistiert „His & Hers“, dann doch irritierend, auf traditionellen Rollenbildern und zeigt Frauen, an denen sämtliche gesellschaftlichen Aufbrüche wirkungslos vorbeigezogen scheinen, Rüschenkleidchen inklusive.

Da wirkt es nachgerade befreiend, wenn mit der Einsamkeit im höheren Alter auch Verschrobenheit und bissige Beobachtungsschärfe mancher Lady wachsen. Einmal gibt es sogar einen Anflug später Aufmüpfigkeit, als ein Sohn die greisenunwürdig bunte Handtasche der Mutter nicht dulden will. In Irland hat der Film Preise unter anderem für die exzellent geführte Kamera gewonnen. Einmal erfasst ihr Blick sogar einen nutzlosen Hund. Doch mit der frischfrechen Unschuld der frühen Wardrops ist es wohl vorbei. Silvia Hallensleben

Brotfabrik; OmU im fsk

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false