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Kultur: Wir wollen ewig Teenies sein

Fetzige Flachware: die deutsche Highschool-Komödie „Systemfehler – Wenn Inge tanzt“.

Dieser Sarg ist nicht genehm. „Da bekomme ich ja Rückenschmerzen.“ Der nächste kann beim Soundcheck nicht überzeugen. „Scheiß Akustik hier drin.“ Nun gehört es nicht eben zu den üblichen Dingen, dass Verblichene in ihrer letzten Liegestätte ein Liedchen trällern. Doch Herb König hat so seine Ansprüche und testet deshalb im Bestattungsinstitut schon zu Lebzeiten, worin er später ruhen möchte. Immerhin war er mal berühmt. In den Siebzigern. Da stand seine Schnulze „Rosen aus Hawaii“ in der Hitparade auf Platz eins. So was prägt: einmal Star, immer Star.

Das gilt auch für Peter Kraus, der seit Ewigkeiten mal wieder im Kino zu sehen ist und mit der selbstironischen Darstellung des altersweisen Schlagerfuzzis den Musikfilm „Systemfehler – Wenn Inge tanzt“ adelt. Der ist nichts anderes als die deutsche Variante eines Highschool-Movies, also eine mit Romantik und Pennäler-Humor gespickte Teeniekomödie. Bei Geschichten dieser Art schließt sich für Peter Kraus der Kreis, wie er in einem Interview bekennt. Schließlich hat der Sänger und Schauspieler in den Fünfzigern mit Kollegin Cornelia Froboess quasi die deutsche Teeniekomödie begründet. Nun also tritt er mit 74 – zombiehaft blondiert und todesfixiert, aber sonst sehr fidel – wieder in einer auf.

Auch die dreisten Rollenklischees scheinen, wie im Highschool-Film üblich, direkt aus den Fifties zu stammen. Da ist der coole Schulschnösel Max (Tim Oliver Schultz), der in Onkel Herbs Retrovilla mit den rosa Plastikflamingos im Garten lebt und als Frontmann der Rockband Systemfehler nach Ruhm strebt. Da sind seine unfreiwillig komischen Bandkumpels, gut gespielt von den schon seit einiger Zeit verlässlich bemerkenswerten Jungschauspielern Constantin von Jascheroff, Tino Mewes und Thando Walbaum. Und da ist die von der ebenfalls hoffnungsvollen Paula Kalenberg verkörperte Ökotrulla und Politaktivistin Inge, die von der Band in einem Spottsong verhöhnt wird.

Nach dramaturgisch leider arg kurz ausfallendem Rumgezicke hat Inge nichts Eiligeres zu tun, als in der Band als Gitarristin auszuhelfen, sich in Max zu verknallen und – Frauen können so was halt besser – zur Menschwerdung des mit seinen Eltern verkrachten Burschen beizutragen.

Gottlob verzichtet Regisseur Wolfgang Groos („Die Vampirschwestern“) in seinem schmissig inszenierten und bebilderten Sommerflachsinn auf die genretypische Ranwanzerei durch einen im Kino immer misslingenden Jugendslang. Dafür hat er fürs pubertär aufgepulverte Publikum verlässlich zündende Späßchen wie eine Nackten-Poolparty, Drogenexzesse und eine im Bandbus mitgeführte Rollstuhl-Oma eingebaut. Und als subversiven Seitenhieb aufs ach so abgefuckte Musikbusiness einen nervigen Konzertagenten.

Was soll man lange drumherum reden: „Wenn Inge tanzt“ liefert Menschen über zwanzig jede Menge Gründe, sich beim Anschauen mit der Hand an die Stirn zu hauen. Die unter zwanzig finden den Film mit dem ausgesprochen fetzigen Titelsong lustig und rennen ins Kino. Das war 1958 bei „Wenn die Conny mit dem Peter“ schon genauso, als Peter Kraus noch der Teenieschwarm und kein alter Onkel war. Gunda Bartels

In 16 Berliner Kinos

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