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Neukundengewinnung: Der Beitragsservice hat nach einem Meldedatenabgleich Wohnungen von Personen, die auf Anschreiben nicht reagiert haben, selbst angemeldet.

© dpa

8,1 Milliarden Euro Rundfunkgebühren: GEZ-Einnahmen umstritten, aber stabil

Im Vorjahr wurden 8,1 Milliarden Euro Rundfunkgebühren eingenommen. Dabei nehmen die offenen Forderungen, Mahnungen und Erstreckungsersuchen stetig zu.

Im Jahr 2015 wurden 8,131 Milliarden Euro an Rundfunkbeiträgen gezahlt, rund 200 Millionen Euro weniger als im Jahr davor. Das Gros floss an die neun Anstalten der ARD mit insgesamt 5,76 Milliarden, das ZDF erhielt zwei Milliarden, das Deutschlandradio 218 Millionen Euro. Das Jahr sei sehr planmäßig verlaufen, sagte der Geschäftsführer des Beitragsservice, Stefan Wolf. „Das Modell hat sich nach zwei schwierigen Jahren stabilisiert.“

Auch für die nächsten Jahre prognostiziert der Beitragsservice etwas niedrigere, aber gleichbleibende Einnahmen. Bis 2020 darf das öffentlich-rechtliche System mit jährlich 7,84 Milliarden Euro rechnen. Aus den Beiträgen erhalten außerdem die Landesmedienanstalten, die vor allem für die Aufsicht der Privatsender zuständig sind, einen festen Anteil. 2015 waren es 153,4 Millionen Euro.

Seit 2013 werden ARD, ZDF und Deutschlandradio über eine Haushaltsabgabe finanziert, was zu Mehreinnahmen bis Ende 2016 von 1,5 bis 1,6 Milliarden Euro führen wird. Der Überschuss dient als Rücklage, die in der kommenden Beitragsperiode ab 2017 Kostensteigerungen auffangen soll. Nach Angaben von SWR-Justiziar Hermann Eicher, dem federführenden Beitragsrechtler in der ARD, seien bisher allerdings von den bisher erzielten Mehreinnahmen von 1,2 Milliarden nur 700 Millionen Euro tatsächlich „in der Kasse“. 500 Millionen Euro seien Forderungen an Beitragszahler, die erfahrungsgemäß nur zum Teil eingetrieben werden könnten.

Nach einer Absenkung des Rundfunkbeitrags im April 2015 von 17,98 auf 17,50 Euro wird zurzeit über eine erneute Minderung um 30 Cent ab 2017 diskutiert. Allerdings wäre ab 2021, wenn die Rücklagen aufgebraucht sind, nach Berechnungen der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) wieder eine Erhöhung auf über 19 Euro fällig. Am Donnerstag wollen die Ministerpräsidenten in Berlin über die zukünftige Beitragshöhe beraten. Einige Länderregierungen wie Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Rheinland-Pfalz haben sich bereits gegen eine erneute Absenkung ausgesprochen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern sind dafür. Eine Einigung in dieser Woche gilt als unwahrscheinlich, zumal die Länder eine Arbeitsgruppe eingerichtet haben, die eine Strukturreform des öffentlich-rechtlichen Systems prüfen soll. Sie tagt erstmals am 30. Juni.

Die Mehreinnahmen resultieren im Wesentlichen aus einem neu entwickelten Instrument des Beitragsservice: Nach einem Meldedatenabgleich in den Jahren zuvor wurden allein 2015 1,4 Millionen Wohnungen vom Beitragsservice selbst angemeldet, weil die angeschriebenen Personen nicht reagiert hatten. Allerdings erweise sich nur etwa die Hälfte der dabei gewonnenen Neukunden als zahlungspflichtig. Von der Beitragszahlung befreit sind unter anderem Hartz-IV-Empfänger. Im vergangenen Jahr waren es 1,97 Millionen und damit 19 Prozent mehr als in 2014. Insgesamt waren 2,86 Millionen Personen befreit, eine knappe halbe Million musste einen ermäßigten Satz bezahlen.

Erneut deutlich gestiegen ist auch die Zahl der Mahnverfahren (25,4 Millionen). 1,4 Millionen Mal schickte das Tochterunternehmen von ARD, ZDF und Deutschlandradio sogar ein Vollstreckungsersuchen ab, 2014 waren es noch 891 000. Auch dieser Anstieg sei mit der hohen Zahl der Direktanmeldungen zu erklären, hieß es. In Bayern ist der Anteil der Mahnverfahren an der Gesamtzahl der Beitragszahler am niedrigsten (8,8 Prozent), in Bremen und Bremerhaven am höchsten (13 Prozent). Auch in Berlin und Brandenburg (12,6 Prozent) werden relativ häufig Zahlungserinnerungen, Mahnungen und Vollstreckungsersuchen verschickt. An Flüchtlingsheime gehen mittlerweile keine Zahlungsaufforderungen mehr – der Beitragsservice hatte sich bei den einzelnen Ländern die Adressen besorgt. Wenn Flüchtlinge und Asylbewerber jedoch einen anerkannten Status erhalten und in Wohnungen umziehen, müssen sie wieder mit einem Brief vom Beitragsservice rechnen.

Noch 3800 Klagen gegen die Gebühr

Gegen das neue Beitragsmodell sind zurzeit noch 3800 Klagen anhängig. Im März hatte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) die Klage privater Beitragszahler abgelehnt und entschieden, dass das Verfahren rechtmäßig sei. Weitere Verfahren sind anhängig. Ein Urteil über die Regelungen für Betriebsstätten steht noch aus, außerdem wurden bereits Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht angekündigt. „Es ist auch in unserem Interesse, dass dies höchstrichterlich geklärt wird“, sagte gestern WDR-Justiziarin Eva-Maria Michel. Sie hofft, dass das Klage-Volumen in Zukunft dann deutlich sinken werde.

Hermann Eicher sprach sich dafür aus, auf die Verweigerer von Beitragszahlungen zuzugehen. „Das sind keine Spinner, und wir tun gut daran, das ernst zu nehmen“, sagte er. Die öffentlich-rechtlichen Sender müssten offensiver als bisher für den Rundfunkbeitrag werben und ihre Programmleistungen herausstellen. Auch gegenüber den neuen Abgeordneten der AfD, die den Rundfunkbeitrag abschaffen wollen, habe er keine Berührungsängste. „Sie werden hoffentlich in die Rundfunkräte einziehen, damit wir uns direkt mit ihnen auseinandersetzen können“, sagte Eicher. Die Berliner AfD-Chefin Beatrix von Storch, die eine Zahlung zeitweise verweigert hatte, hat nach seinen Angaben den Beitrag mittlerweile entrichtet.

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