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Angela Merkel verschafft sich in Passau ein Bild von den Hochwasserschäden.

© Tsp

Angela Merkel in Passau: Land unter im TV-Programm von ARD und ZDF

Der Besuch von Angela Merkel im Hochwasser-geplagten Passau ist ARD und ZDF keinen Livebericht wert. Selbst Phoenix liefert die Bilder nach. Das neue ARD/ZDF heißt in diesen Fluttagen ohnehin RTL.

Was trägt Angela Merkel an den Füßen? Wie schützt sich Horst Seehofer vor Wasser und Schlamm? Bei den privaten Nachrichtenkanälen von n-tv und N24 ist davon nichts zu sehen, als diese am Dienstagvormittag vom Besuch der CDU-Vorsitzenden und des CSU-Chefs aus dem überfluteten Passau berichten. Zusatzinfos, Laufbänder, aber vor allem die Mikrofone der Fernsehteams geben den Blick auf das Schuhwerk nicht frei. „Gibt’s noch was?“, hören die Zuschauer Merkel nach ihrer Ankündigung von Millionenhilfen für die Hochwasseropfer fragen. Seehofer in Rot-Kreuz-Jacke darf noch darauf hinweisen, dass „ein Euro vom Bund einen Euro aus Bayern“ nach sich zieht. Die öffentlich-rechtlichen Fernsehzuschauer erfahren davon erst eine Stunde später.
Der Besuch von Kanzlerin Angela Merkel in Passau ist ein Fernsehmoment mit politischer Strahlkraft – und mit Ansage. Die Bilder von Gerhard Schröder im Wahlkampf 2002, wie er im Elbe-Hochwasser Herausforderer Edmund Stoiber das Wasser abgegraben hat, sind wieder präsent. Bloß nicht bei ARD und ZDF – und zu dieser Zeit auch nicht im Ereigniskanal Phoenix.

Das Mitleid mit den Menschen in den Hochwasserregionen in Süd- und Ostdeutschland ist groß, jede TV-Sondersendung über das Geschehen in Passau oder Grimma erzielt Quoten-Hochstände. Der zweite ARD-„Brennpunkt“ zum Hochwasser, der am Montag auf eine halbe Stunde verlängert wurde, erreichte zwar nicht mehr so viele Zuschauer wie am Vortag. Zuvor waren am Montag aber in RTL und ZDF zwei andere Sondersendungen zu den Überschwemmungen gelaufen. Den „Brennpunkt“ in der ARD schalteten am Montagabend um 20 Uhr 15 rund 4,8 Millionen Menschen ein. RTL hatte mit seinem „RTL aktuell Spezial: Das Jahrhunderthochwasser“ um 19 Uhr 05 rund 3,3 Millionen Zuschauer erreicht. Und das „ZDF Spezial“ hatten um 19 Uhr 25 rund 2,8 Millionen verfolgt. Am Sonntag hatte nach dem ARD-„Brennpunkt“ die televisionäre Normalität noch die Wassermassen verdrängt. Der Montagabend hingegen stand besonders bei der ARD beinahe ganz im Zeichen des Hochwassers (siehe Kritik unten).

Angela Merkel darf die Golfstrom-Doku auf Phoenix nicht unterbrechen

Einzelne Sendungen lassen sich selbst kurzfristig ändern, ganze Programme nicht. Das ZDF lässt am Dienstag in „Volle Kanne“ den Kanzlerinnen-Moment verstreichen, in der ARD stört kein Laufband den „Sturm der Liebe“. Der gemeinsam von ARD und ZDF betriebene Ereigniskanal Phoenix rückt um 9 Uhr 45 zwar das „Thema: Schlechtwetter über Deutschland“ ins Programm, doch die Dokumentation „Die fantastische Reise mit dem Golfstrom“, in dem unter anderem die Wärmepumpenwirkung der Wasserströmung mit Bilden von tauchenden Delfinen und Schildkröten angereichert wird, soll offenbar nicht von den Livebildern der Kanzlerin in Passau unterbrochen werden. Dabei steht die Reporterin längst bereit, die nach dem Abzug des Regierungstrosses einen aktuellen Lagebericht aus Passau abgibt. Am Mittag in Pirna ist dann auch Phoenix live dabei. Hier steigt das Wasser noch, der Sender unterbricht seine Syrien-Doku für den hohen Besuch. Auch in Greiz in Thüringen wartet schon eine Reporterin der ARD auf Angela Merkel. Und die in der Kritik stehenden Digitalsender? ZDFinfo und Tagesschau24 haben andere Prioritäten. Immerhin lässt sich die Schuhfrage im Tagesverlauf klären. Seehofer trägt Gummistiefel und die Kanzlerin wettertaugliche Wanderschuhe. Das Wasser wird noch weitere Hochstände erreichen. RTL nimmt am Mittwoch um 20 Uhr 15 die Sondersendung „Die Jahrhundertflut – Deutschland rückt zusammen“ mit Peter Kloeppel ins Programm.

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