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Anti-Fußball: Im Paralleluniversum

Eine Reise durch das Programm von Sat 1, RTL & Co. der nächsten Wochen. Während sich ARD und ZDF auf tolle EM-Quoten freuen, muss die Konkurrenz sehen, wo sie mit ihren Shows und Serien bleibt.

Der wichtigste Fernsehprogrammpunkt der kommenden vier Wochen ist die – neben den Olympischen Spielen – wichtigste Sportveranstaltung des Jahres: die Fußball-Europameisterschaft in Polen und der Ukraine. Alle 31 Spiele vom 8. Juni an live bei ARD und ZDF, mit Rundumberichterstattung zur besten Primetime. Schön für die Öffentlich-Rechtlichen, schwierig für die anderen Fernsehsender, die wieder vor der Frage stehen: Klotzen oder Kleckern? Ernst zu nehmende Alternativen für Fußballmuffel oder doch nur Wiederholungen, Wiederholungen, Wiederholungen – eine vorgezogene Sommerpause sozusagen?

Fußballmuffel, wenn die mal so einfach zu finden wären. „Die Fußballgroßereignisse der letzten Jahre haben gezeigt, dass sich auch immer mehr Frauen für die Nationalmannschaft begeistern und eine komplette Alternativprogrammierung für die weibliche Zielgruppe nicht mehr der richtige Weg ist“, sagt eine Sprecherin von Pro7Sat1. Die Sender der Münchner Gruppe wollen mit Sonderevents wie Serien- oder Comedymarathons aber auch neuen Formatstarts eine „klare Alternative zum Fußball“ bieten. Im Wesentlichen bliebe die Programmstruktur erhalten, „denn damit geben wir den Zuschauern eine klare Orientierung“.

Pro 7 setzt in den ersten zwei EM-Wochen an mehreren Abenden auf Sitcom-Pakete, mit ausgesuchten Folgen zu einem besonderen Thema. Am 11. und 18. Juni gibt es die „Simpsons“ mit fünf Folgen in der Dauerschleife, an den darauffolgenden Dienstagen läuft „Two and a Half Men“, am Mittwoch „How I Met Your Mother“ mit acht Episoden am Stück – parallel zur Liveübertragung Deutschland gegen Holland. In der dritten EM-Woche startet Pro 7 immerhin eine neue Staffel der US-Serie „Fringe“.

Wie schwer das im EM-Monat Juni für die anderen Fernsehsender wird, zeigt ein Blick auf die letzte Fußball-WM. Im Juni 2010 fiel der Marktanteil von Sat 1 von 10,9 auf 9,5 Prozent, bei Pro 7 von 11,4 auf 10,2 Prozent in der werberelevanten Zielgruppe, während die ARD ihren Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen dank WM-Übertragungen von 6,1 auf 12,4 Prozent mehr als verdoppelte.

Kein Wunder, dass sich auch der – ohnehin unter Quotenproblemen leidende – Konkurrent RTL mit teuren Film-, Show- oder Serienhits in den Sommermonaten nicht gerade verausgabt. Wenn am Sonnabend in der ARD Deutschland gegen Portugal spielt, bringt RTL mit der Eddie-Murphy-Komödie „Mensch, Dave!“ einen alten Hollywood-Blockbuster, wie an den meisten Wochenenden darauf. Die übrigen Wochentage, so ein RTL-Sprecher, sind wie gewohnt programmiert. Auch da tut sich ein Günther Jauch seinen Quotenhit „Wer wird Millionär?“ nicht mehr an, wenn im Zweiten EM-Fußball live läuft. Sommerpause.

Der Fernsehteppich ist ausgelegt für Fußball in den nächsten Wochen. Als Gegenprogramm bleiben Kino und Biergarten, nur wird es dort schwer, eine Public-Viewing-freie Zone zu finden. Während sich für die einen also alles um Jogi Löws Team dreht, kommen Musikfans wenigstens bei Arte mit der Dokureihe „London Calling“ (ab 9. Juni) und der Übertragung des Klassikkonzerts von Lang Lang in der Berliner O2-World (15. Juni) auf ihre Kosten. Die Schnittmenge mit Fußballfans dürfte da aber nicht so groß sein wie beim Sender Vox. Der startet am 24. Juni eine neue Personality-Doku: „Lothar – immer am Ball“.

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