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Wolf Gremm mit seiner Frau Regina Ziegler (rechts) und der gemeinsamen Tochter Tanja bei den 65. Internationalen Filmfestspielen in Berlin.

© dpa

Autor, Regisseur, Selfie-Filmer: Wolf Gremm ist gestorben

Wolf Gremm, der mit Fassbinder drehte und mit Regina Ziegler verheiratet war, ist tot. In seinem letzten Filmprojekt dokumentierte er die Stationen seiner Krebserkrankung. Ein Nachruf

Sein letztes Filmprojekt war sein mutigstes. Wolf Gremm dokumentierte mit dem Smartphone die Stationen seiner Krebserkrankung. „Ich liebe das Leben trotzdem“ nannte er den Selfie-Film. Viele heitere Töne sind drin, Gremm wollte andere Krebskranken ermutigen, nicht fatalistisch auf den Tod zu warten, sondern keinen Tag ohne Freude, ohne Hoffnung, ohne Lachen zu leben. Das muss viel Kraft und Überwindung gekostet haben, denn Gremm erzählte auch, dass sich eine Operation nicht mehr lohne, seine Lebenserwartung noch ein Jahr betrage. Wolf Gremm, geboren am 26. Februar 1942 in Freiburg, arbeitete hier wie ein subjektiver Dokumentarist. Er wusste, was und wie er es tat, denn der unter anderem an der Deutschen Film- und Fernsehakademie in Berlin ausgebildete Autor und Regisseur begann als Dokumentarfilmer; mit dem bemerkenswerten Feature „Der große Verschleiß“ problematisierte er 1971 den Rauschgiftkonsum.

Auch als späterer Kino- und dann Fernsehregisseur suchte er bevorzugt die Rückkopplung zwischen Fiktion und Realität: „Ich dachte, ich wäre tot“ (1973) ist die sorgfältig beobachtete die Geschichte eines jungen Mädchen, das sich Anforderungen von Familie, Beruf und Liebe nicht gewachsen fühlt, seine „Fabian“-Verfilmung des Erich-Kästner-Romans (1980) wurde als „bester ausländischer Film“ für den „Oscar“ nominiert. Seinen engen Freund Rainer Werner Fassbinder engagierte er für die Rolle eines Polizeileutnants in der düsteren Gesellschaftsvision „Kamikaze 1989“, nach Fassbinders Tod 1982 drehte Gremm die prämierte Dokumentation „Rainer Werner Fassbinder – das letzte Jahr“.

Figuren mit seelischen Bruchstellen

In seinen Fernseharbeiten, vor allem für das ZDF, interessierte sich Gremm, wie er einmal sagte, für Figuren „mit seelischen Bruchstellen, Obsessionen und verborgenen kriminellen Energien“. „Tödliche Liebe“ (1985), „Gesucht wird Ricki Forster“ (1991), „Tödliches Rendezvous“ (2002), waren die allfälligen Produktionen, häufig arbeitete er dabei mit Brigitta Mira und Ruth Maria Kubitsch. Der „Tatort: Tod im U-Bahnschacht“ wie auch „Der Spatzenmörder“ (1989) nach einer Vorlage von Jürgen Breest gehören zu den 50 Filmen, die Wolf Gremm für Kino und TV schrieb und inszenierte.
Der Thriller „Dem Tod auf der Spur“, 1988 angekündigt als „das ganz große Ding“ mit Gestapo, FBI und hoher Politik, war dann nicht das ganz große Ding bei Kritik und Publikum. Der Film noir „Lieben und Töten“ (2005) zeigte Wolf Gremm wieder, wie der Tagesspiegel schrieb, als „Altmeister der grellen Effekte“. Die nachfolgenden TV-Melodramen waren auf ihre Weise auch grell, aber mehr grell kitschig. Dem (weiblichen) Publikum gefiel’s.
Am Dienstagmorgen ist Wolf Gremm mit 73 Jahren gestorben. Seit 1977 war er mit der Film- und Fernsehproduzentin Regina Ziegler verheiratet. Sie hatte schon Gremms ersten Kinoerfolg „Ich dachte, ich wäre tot“ produziert.

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