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Titelstory. Alibaba-Gründer Jack Ma in der „South China Morning Post“.

© REUTERS

Chinesischer Internetkonzern kauft Zeitung in Hongkong: Durch Kauf zur Kontrolle?

Alibaba zahlt Riesensumme von 241 Millionen Euro: Kritiker befürchten Einflussnahme auf „South China Morning Post“.

Der chinesische Internetkonzern Alibaba zahlt für die in Hongkong erscheinende Zeitung „South China Morning Post“ umgerechnet 242,1 Millionen Euro. Die Summe für die Zeitung und die zu ihr gehörenden Medien wie die Hongkong-Ausgaben der Magazine „Elle“, „Cosmopolitan“ oder „Harper's Bazaar“ nannte der Verlag am Montag in einer Mitteilung an die Börse in Hongkong.

Das am Freitag bekanntgegebene Geschäft war auf die Hälfte des nun gezahlten Preises geschätzt worden. Die hohe Kaufsumme – sie liegt um 16 Millionen über dem Preis, den Amazon-Gründer Jeff Bezos für die „Washington Post“ bezahlt hat – drückt nach Meinung von Beobachtern den Willen der neuen Eigentümer aus, dass sie sich von keinem weiteren Wettbewerber überbieten lassen wollten. Verkäufer ist der malaysische Milliardär Robert Kuok, der wirtschaftlich stark in China engagiert ist.

Alibaba-Vize kritisiert westliche Medien

Seine Interessen und die des neuen Eigentümers könnten sich ergänzen. Offensichtlich will Alibaba Medien in der chinesischen Sonderverwaltungszone kontrollieren, die Frage ist, wohin diese Kontrolle führt. Alibaba-Vizechef Joseph Tsai kritisierte schon mal Medien, die China „durch eine besondere Brille“ sähen. „Viele Journalisten, die für westliche Medien arbeiten, dürften mit dem Regierungssystem in China nicht übereinstimmen und das färbt ihren Blickwinkel der Berichterstattung“, sagte Tsai. „Wir sehen die Dinge anders.“ Er beschrieb die Perspektive von Alibaba als neuer Eigentümer so: „China ist wichtig. China ist eine aufsteigende Wirtschaft. Es ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt.“ Die Welt solle mehr über China lernen. „Die Berichterstattung sollte ausgewogen und fair sein“, sagte Tsai in einem SCMP-Interview. Ohne Vertrauen könne die Leserschaft nicht ausgebaut werden, sagte er weiter. „Wir brauchen das Vertrauen der Leser“, sagte Tsai. Alibaba wolle die Redakteure selbst über die Richtung jeder Geschichte entscheiden lassen. „Das ist unser Grundsatz.“

Mit der Übernahme macht die weltgrößte Handelsplattform einen großen Schritt in die traditionelle Medienlandschaft. „Das ist wahrlich eine Mischung aus Alt und Neu“, hieß es in einer Mitteilung von Alibaba an die Leser. In dem dramatischen Wandel der Medienlandschaft ergänzten sich beide Unternehmen sehr gut. „Unsere Vision ist es, die Leserschaft weltweit auszubauen.“ Das Blatt soll die englischsprachige Welt über China informieren, heißt es weiter. Als eine der ersten Entscheidungen wird deswegen die Bezahlschranke im Internet eingerissen.

Blatt berichtet weniger offen über China

Die Zeitung in der ehemaligen britischen Kronkolonie steht ohnehin unter Druck durch das übermächtige China, wie die Journalisten berichteten. Es gab häufig Streit in der Redaktion. „Das Blatt hat in den vergangenen Jahren etwas von seiner Bereitschaft verloren, offen über China zu berichten, auch wenn es weiter Stellung bezieht und Themen berichtet, die nicht mit Pekings Linie übereinstimmen“, sagte Bob Dietz vom Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) der dpa.

Die Pressefreiheit gilt den sieben Millionen Hongkongern als hohes Gut. Seit dem Souveränitätswechsel 1997 stehen die Medien unter wachsendem Druck durch die chinesische Seite, die ihren Einfluss ausweiten will. Vor einem Jahr hatten Demonstrationen mit dem Ruf nach mehr Demokratie große Teile Hongkongs wochenlang lahmgelegt.

Nach dem Einstieg bei der chinesischen Wirtschaftszeitung „China Business News“ und der Übernahme von vier Fünfteln der großen chinesischen Videoplattform Youku weitet Alibaba mit der „South China Morning Post“ sein Engagement bei traditionellen Medien deutlich aus. Der Konzern sucht nach Angaben von Experten zunehmend auch Inhalte für sein expandierendes Internet-Geschäft. (mit AFP und dpa)

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