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Fußball im TV: Das Fernsehen hat zu viel Geld

Toll, toller, Fußball: Joachim Huber ärgert sich über die Verrücktheit des Fernsehens. Die Sender, egal ob öffentlich-rechtlich oder privat, kaufen sich Kicker-Quoten, weil sie für anderes Programm keinen Ehrgeiz mehr aufbringen wollen.

Der Mann mit der Pauke hat wieder zugeschlagen. Jürgen Doetz heißt er, Präsident des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) ist er. Doetz also geißelt die „SportrechteShoppingtour“ von ARD und ZDF, er warnt vor einem „gebührenfinanzierten Fußball-Monopol“. Fernseh-Deutschland steht wieder am Abgrund.

Tatsächlich waren ARD und ZDF unterwegs. Dem DFB haben sie ein Rechte-Paket für Spiele der Dritten Liga, der Frauen-Bundesliga, für Partien der Frauen- und der Herrennationalmannschaft abgekauft. Der Deal gilt bis Ende 2016, geschätzte 176 Millionen Euro soll er gekostet haben. Diese Lizenzen besaßen die Öffentlich-Rechtlichen bereits. Anders bei der Champions League, hier hat das ZDF die Free-TV-Rechte von der Saison 2012/2013 an erworben. Im Preiswettbewerb mit dem bisherigen Rechteinhaber Sat 1. 54 Millionen Euro soll das ZDF, 44 Millionen der Privatsender geboten haben. Die Diskrepanz lässt erkennen, dass das gebührengetriebene ZDF den werbefinanzierten Konkurrenten in jedem Fall totgekauft hätte.

Fußball-Fernsehen ist Fernsehen der allereinfachsten Art. Es braucht keine Kommentatoren, nicht das Experten-Unwesen, keine Field-Reporter, benötigt werden nur funktionierende Kameras und ein Regisseur, der die Rasen-Oper über 90 Minuten zu inszenieren weiß. Fernseh-Fußball ist der risikolose Einkauf von Quoten, wo so viel anderes Programm eine ungewisse Wette auf die Einschaltbereitschaft des Publikums ist. In diesem Wissen treffen sich die Sender zur Konkurrenz; das weiß der Profi-Fußball und heizt die Preistreiberei der Sender weiter an.

So ist aus dem sogenannten „Länderspielvertrag“ der DFB-Pokal herausgenommen worden, er wird erst mal separat vermarktet. Das geschieht nicht aus Menschenfreundlichkeit, das ist Business. VPRT-Bannerträger Jürgen Doetz weiß auch schon, wie dieser Deal ablaufen soll. Er forderte den DFB auf, „bei der Paketierung der Fußballrechte und ihren Vergabeentscheidungen so zu agieren, dass auch Private auf einen Teilerwerb der Rechte Chancen hätten“. Das ist feiner formuliert als tatsächlich gedacht. Die Privatsender wollen nur Rosinen, sprich Spitzenspiele picken, Pokal-Erstrunden wie auch 3. Liga und Frauen-Bundesliga, das sollen mal schön die Gebührensender übernehmen. Ach so, und dann sollen ARD und ZDF zurücktreten, wenn Sat 1 oder RTL sich um Leckerlis wie Champions League, EM- und WM-Qualifikation bemühen. Das drückt schön die Preise. Lobbyist Doetz will das Fernseh-Paradies errichten, in dem die kommerziellen Sender mit Billig- bis Primitiv-TV dreistellige Millionengewinne einfahren und bei den attraktiven Sportrechten alleine shoppen dürfen.

ARD und ZDF kaufen zu jedem Preis ein, die Privaten widmen den umkämpften Quotenmarkt zur Ego-Planwirtschaft um? So wird kein Fußballschuh draus, für keinen. Die TV-Manager werden keine Lösung finden, sie sind allesamt auf dem „expansiven Kurs“, den Doetz ARD und ZDF vorwirft und den ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky entschieden verneint. Die Lösung für, ja die Erlösung von der Programmverstopfungsmaschine Fußball kann nur von anderer Seite kommen, bei den Privaten von den Eigentümern der Sender, bei den Öffentlich-Rechtlichen von den Gremien. Sie müssen die Erkenntnis zur Richtschnur nehmen, dass mit Fußball nur Quoten gewonnen und nur Geld verloren wird. Sat 1 & Co. können die knapp 4,5 Millionen Euro, die für ein Länderspiel aufgerufen werden, über Werbung nicht refinanzieren, bei ARD und ZDF werden andere Sendungen nicht mehr hochwertig ausfinanziert. Mehr und noch teurerer Fußball hilft nur den Fußball-Fans. Es gibt kein Grundrecht auf den 24-Stunden-Kick, es ist ein grundsätzliches Missverstehen der Programm-Aufgabe, wenn Balkausky tönt, "ARD und ZDF haben den DFB-Pokal, aber auch den Frauen-Fußball und die 3. Liga mit zu dem gemacht, was sie heute darstellen." Diese Mesalliance mit dem Fußball-Geschäft ist bei allen Sendern stupend. Erst werden Rechte teuer eingekauft, dann wird das Produkt hochgejubelt. Toll, toller, Fußball. Das Fernsehen hat keinen Ehrgeiz, keinen Stolz, es hat nur zu viel Geld.

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